Wenn Raketen und Autos auf die schiefe Bahn geraten…

Bald wird wieder „geknallt und geböllert“, um das vergangene Jahr zu verabschieden und das neue zu begrüßen und die berühmte Frage taucht wieder auf: Was machen wir eigentlich an Silvester? Das Fest zum Jahresende geht auf den gregorianischen Kalender von 1582 zurück, seinen Namen hat es dem Papst Silvester zu verdanken, der am 31. Dezember starb. Auch in China wird das Jahresende mit aufwendigen Feuerwerken verabschiedet, dort richtet sich der Zeitpunkt des Festes jedoch nach dem Mondjahr, sodass es nie auf den gleichen Tag fällt. Doch während selbst hart gesottene Workaholics sich am letzten Tag des Jahres eine Auszeit gönnen, macht das Strafrecht keine Pause. Denn die Knallkörper sind nicht zu unterschätzen und können im Einzelfall sogar zu einer Strafbarkeit führen.

Wer nicht durch das Bundesamt für Materialforschung und -prüfung (BAM) zugelassene Ware einführt oder sogar selber baut, der riskiert sogar eine Haftstrafe. So erhielt ein Fußballfan 2011 eine Gefängnisstrafe, weil er im Zuschauerblock während des Lokalderbys des SC Preußen Münster gegen den Vfl Osnabrück im Zuschauerblock eine selbst hergestellte Rakete zündete. Die Richter erkannten hierin den Tatbestand des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und verurteilten ihn zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.

Wer auf Nummer sicher gehen will, wirft einen Blick in die Sprengstoffverordnung, die Feuerwerkskörper in vier Kategorien einteilt. Kategorie eins und zwei sind für den Privatgebrauch zugelassen, während die dritte und vierte Kategorie nicht an den Otto Normalverbraucher verkauft werden dürfen. Nach § 20 Abs. 2 SprengV dürfen Knaller der ersten Kategorie das ganze Jahr an Verbraucher ab zwölf Jahren verkauft werden, hierzu zählen z.B. Knallbonbons, Knallerbsen, Wunderkerzen und Tischfeuerwerke. Exemplare der Kategorie zwei dürfen nur an Volljährige vom 29. bis 31. Dezember veräußert werden, bei Sonntagen schon ab dem 28. Dezember. Hierbei handelt es sich meist um Chinaböller, kleine Feuerwerksraketen, Fontänen, Kanonenschläge oder sogenannte Batterie- oder Verbundfeuerwerke mit hoher Schusszahl und unterschiedlichen Effekten. Diese Feuerwerkskörper dürfen nur an Silvester und Neujahr abgebrannt werden, wer etwa zur Hochzeit oder ähnlichen Anlässen außerhalb dieses Zeitraums ein Feuerwerk veranstalten möchte, muss sich im Vorfeld eine Genehmigung der örtlich zuständigen Behörde einholen. Ein ‚Abfeuern‘ in unmittelbarer Umgebung von Kirchen, Krankenhäuser, Kinder- und Altersheimen sowie Fachwerk- und Reetdachhäusern ist allerdings verboten und ist mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro bedroht. Im Zweifel kommen zivilrechtliche Schadensersatzansprüche noch oben drauf. In der Anlage zur Sprengstoffverordnung wird ferner auch vorgeschrieben, dass bei der Kategorie eins ein Sicherheitsabstand von einem Meter und bei Kategorie zwei von ganzen acht Metern einzuhalten ist. Mancherorts werden Silvester auch Schreckschusswaffen zum Verschießen von Silvesterraketen verwendet, auch zum Jahreswechsel benötigt man jedoch dafür den kleinen Waffenschein, ferner sind nur Geschosse mit einer kinetischen Energie von bis zu 7,5 Joule erlaubt.

Was ist genau zu beachten?

Der Vollständigkeit halber seien hier auch die für gewöhnliche Verbraucher verbotenen Lichtspiele kurz angeführt:

Klasse 3: "Mittelfeuerwerk" z.B. Feuerwerksraketen mit begrenzter Steighöhe und weniger Sprengmitteln als Klasse IV;

Klasse 4: "Großfeuerwerk " z.B. Kugelbomben für Höhenfeuerwerke, besondere Raketen für Großfeuerwerke.

Außerdem gibt es noch die Klasse T: "Technisches Feuerwerk" lässt sich unterteilen in die Klassen T1 mit frei ab 18 Jahren erhältlichen Feuerwerkskörpern und T2, die nur an Pyrotechniker verkauft werden.

Die im Handel erhältlichen Silvesterwaren werden logischerweise in aller Regel legal sein, wer im Internet kauft, muss darauf achten, dass die Produkte ein abgedrucktes Zulassungszeichen des Bundesamts für Materialforschung und -prüfung (BAM: z.B. BAM-PI- Nummer, BAM-PII-Nummer) aufweisen.

Eine Straftat stellt es dar, wenn explosionsgefährliche Stoffe an Personen unter 18 verkauft werden und die Überlassung nicht Ausbildungszwecken dient, § 40 II Nr.3d SprengG. Ferner ist der Import von Explosivstoffen ohne behördliche Erlaubnis strafbar. Straflos bleibt jedoch ausdrücklich der Kauf und Verkauf von Produkten der Kategorie eins. Gelangt eine Rakete etwa versehentlich in eine Wohnung, wird es im wahrsten Sinne des Wortes brenzlig, wenn etwa in der Wohnung ein Feuer entflammt. Möglicherweise muss man sich dann dem Vorwurf der fahrlässigen Brandstiftung nach § 306d StGB stellen. Hierbei wird es im Wesentlichen darauf ankommen, ob die Entstehung des Brandes vorhersehbar war. Dies dürfte grundsätzlich eher schwierig zu begründen sein, erfordert aber dennoch eine sorgfältige strafrechtliche Prüfung.

Wird man selbst zum Opfer eines Feuerwerkskörpers, so besteht in aller Regel mangels eines vorsätzlichen rechtswidrigen Angriffs kein Anspruch nach dem Opferentschädigungsgesetz, zivilrechtliche Schadensersatzansprüche bleiben hiervon jedoch natürlich unberührt, sofern ein entsprechendes Verschulden des „Übeltäters“ gegeben ist. In einem Fall, indem ein 16-jähriges Mädchen ihre Altersgenossin mit einem Knallkörper beworfen hatte, wurde das Schmerzensgeld auf stolze 15.000 Euro festgesetzt. Äußerste Vorsicht sollte man auch bei sog. Spätzündern walten lassen. Einem Gastgeber, der die wieder in die Wohnung gebrachten benutzen Feuerwerkskörper nicht untersucht hatte, entbrannte aufgrund eines solchen Blindgängers daheim ein Feuer. Gerichtlich wurde er später verpflichtet einen Drittel des Schadens selber zu zahlen. Eltern sollten die Kracher natürlich sorgfältig vor ihren kleinen Kindern wegschließen oder verstecken, um Personen- und Sachschäden zu vermeiden, für die sie haftbar gemacht werden können.

Ist Silvester eigentlich ein Feiertag?

Die Antwort lautet: leider nein. Allerdings ist häufig im Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag geregelt, dass Silvester nur als halber Arbeitstag gilt. Ist dies nicht geregelt, so kann jedoch durch eine sog. „betriebliche Übung“ ein Anspruch auf einen zusätzlichen Feiertag entstehen, wenn der Arbeitgeber drei Jahre infolge seine Mitarbeiter von der Arbeit freigestellt hat. Dies gilt wiederum nicht, wenn der Arbeitgeber in seiner Rundmail oder im Rahmen seiner Urlaubsmitteilung am schwarzen Brett explizit darauf hinweist, dass die Gewährung des freien Tages freiwillig erfolgt und keinen rechtlichen Anspruch für die Zukunft begründet. Hat der Arbeitnehmer Urlaub genommen und lässt der Chef währenddessen die erschienenen Kollegen bereits zur Mittagszeit in den Feierabend gehen, so kann er unter Gleichheitsgesichtspunkten den Urlaubern auch nur einen halben Urlaubstag abziehen.

Der Arbeitgeber hat grundsätzlich ein Direktionsrecht und kann selbst entscheiden, wem er den Urlaub genehmigt. Nach dem Gesetzgeber soll er hierbei „nach billigem Ermessen“ handeln, das heißt, dass er bei besonderen Härten, wie etwa alleinerziehenden Elternteilen, in puncto Urlaubsgewährung Fingerspitzengefühl walten lassen soll. Diese Feiertagsregelungen gelten übrigens auch für Heiligabend.

Einer muss den Job ja machen…

Für Autofahrer ist Silvester zumindest während der Fahrt ein eher anstrengender Tag, am besten man lässt das Auto einfach in der Garage daheim und fährt mit Freunden, den „Öffis“ oder dem Taxi. Sollte das keine Option sein, so gilt es selbstverständlich unterhalb der 0,3 Promillegrenze bzw. der relativen Fahruntüchtigkeit zu bleiben, um auf der sicheren Seite zu bleiben, denn bei Auffälligkeiten kann man bereits ab diesem Wert straf- und verkehrsrechtlich belangt werden. So kann eine strafbare Trunkenheit im Verkehr vorliegen, bei einem Unfall können sogar Geld- und Freiheitsstrafen sowie ein Fahrverbot und Punkte in Flensburg drohen. Wer jedoch nachweislich einen Unfall verursacht, den kann auch unterhalb von 0,3 Promille eine Teilschuld treffen. Am besten und konsequentesten empfiehlt es sich ohnehin gar keinen Alkohol zu sich zu nehmen, wenn man noch ans Steuer muss. Für Fahrer bis 21 Jahre und für Fahranfänger während der zweijährigen Probezeit gilt ohnehin die Null-Promillegrenze.

Ab 0,5 Promille begeht man hinter dem Lenkrad ohne Auffälligkeiten bereits eine Ordnungswidrigkeit, die mit 500 Euro Bußgeld bestraft wird, in jedem weiteren Fall kommen jeweils 500 Euro oben drauf. Dies beruht auch darauf, dass die Unfallgefahr bei 0,5 Promille etwa doppelt so hoch ist wie im nüchternen Zustand, bei Unfällen folgen natürlich gravierendere Folgen.

Mit 1,1 Promille liegt sodann die absolute Fahruntüchtigkeit vor. Ab diesem Wert erfolgt unabhängig vom sonstigen Fahrverhalten eine strafrechtliche Verfolgung, die Geld oder Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren, einen Führerscheinentzug von ebenfalls bis zu fünf Jahren und Punkte in Flensburg zur Folge hat.

Ab 1, 6 Promille kommt die allseits berüchtigte medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) hinzu, da man ab diesem Pegel einen chronischen Missbrauch vermutet. Diesen Wert sollten sich auch Radfahrer merken, denn selbst auf dem „Drahtesel“ droht hier auch ohne Schlangenlinien oder dergleichen der Führerscheinverlust. Abwenden lässt sich dies nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nur durch eine kostspielige MPU. Auch unterhalb von 1,6 Promille in Verbindung mit alkoholbedingten Ausfallerscheinungen können Punkte in Flensburg und eine Geldstrafe drohen.

Doch selbst trinklustige Fußgänger sollten sich nicht uneingeschränkt in Sicherheit wähnen. So hat die Polizei im rheinland-pfälzischen Neustadt an der Weinstraße einem Fußgänger mit 3,0 Promille im Blut den Führerschein abgenommen. Er hatte in der Nähe einer vielbefahrenen Straße Autofahrer zum Anhalten gebracht, um sie zu fragen, warum sie „in seinem Auto“ säßen (VG, Neustadt a.d.W., 1 L 29/13).

Wer nach alledem dennoch das Auto nimmt, sollte auch bei der Parkplatzwahl vorsichtig sein, denn Brand- oder Explosionsschäden und auch zerbrochene Scheiben durch Silvesterraketen zahlt zwar im Regelfall die Teilkaskoversicherung, bei der vereinbarten Selbstbeteiligung bleibt es jedoch. Entstehen Beulen durch herabfallende Raketen oder wird der Wagen von Fremden mutwillig beschädigt, steht die Vollkaskoversicherung hierfür ein. Allerdings wird dies wahrscheinlich zu einer Prämienerhöhung führen, sodass man vor der Schadensregulierung durchrechnen sollte, ob die Behebung des Schadens aus eigener Tasche nicht im Einzelfall die günstigere Lösung ist.

Wir von Dr. Granzin Rechtsanwälte wünschen Ihnen eine schöne Silvesterfeier sowie eine reibungslose Hin- und Rückfahrt! Sollten Sie dennoch in zwischen Raketen, Urlaubstagen und Silvesterdrinks Schwierigkeiten in unseren Fachbereichen Strafrecht, Arbeitsrecht oder Verkehrsrecht bekommen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Ihnen allen einen guten Rutsch ins neue Jahr 2017!

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