Strafrechtliche Konsequenzen während der globalen Coronavirus-Pandemie

Das Corona-Virus hält derzeit die Welt in Atem, täglich wird in den Medien über gestiegene Infektionszahlen berichtet. Das soziale Leben liegt erst einmal brach und die genaue Dauer dieser Krise lässt sich noch nicht genau absehen.

Medikamente oder Impfungen existieren derzeit noch nicht und auch wenn wir alle hoffen, dass im Bereich der Forschung möglichst bald Erfolge erzielt werden, ist klar, dass derzeit nur Prävention schützen kann.

Während insbesondere unser Gesundheitswesen, Ärzte, Krankenpfleger und unsere Krankenhäuser alles geben, um die Infizierten zu behandeln, gilt es für alle anderen und für uns als Gesellschaft, die Zahl der Neuinfizierten möglichst gering zu halten. Neben der moralischen Verpflichtung eines jeden einzelnen, hat die Politik mittlerweile umfangreiche Maßnahmen getroffen, um ein weiteres Ansteigen der Zahlen von Infizierten und Toten zu reduzieren.

Bundesweit gilt das Kontaktverbot und in manchen Bundesländern gibt es darüber hinausgehende Ausgangssperren. Schleswig-Holstein hat Zweitwohnsitzberechtigten die Nutzung dieser Wohnungen teilweise verboten. Die Maßnahmen sind dementsprechend unterschiedlich und umfangreich.

Nachfolgend möchten wir mögliche Sanktionen im Falle von Verstößen gegen die Vorgaben darstellen:

Das Infektionsschutzgesetz

Das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) stellt zahlreiche Gebote und Verbote auf. Eine umfassende Darstellung würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, weswegen an dieser Stelle nur ein kurzer Ausblick auf die verschiedenen Strafhandlungen gegeben und dann auf die für den durchschnittlichen Bürger derzeit relevantesten näher eingegangen werden soll.

Im Infektionsschutzgesetz wird hierbei zwischen Bußgeldern (§ 73 IfSG) und Straftatbeständen (§ 74 und § 75 IfSG) unterschieden. Für den Fall von Zuwiderhandlungen können somit Bußgelder bis hin zu Geldstrafe und Freiheitsstrafe verhängt werden.

Die Art und Weise des Verstoßes kann dabei höchst unterschiedlich ausfallen. Diesem Umstand wurde beim Erlass dieses Gesetzes insoweit Rechnung getragen, dass – anders als beispielsweise im Strafgesetzbuch – auf allzu klare Definitionen verzichtet wurde. Auf diesem Weg wird ein möglichst großer Handlungsspielraum erschaffen, innerhalb dessen auf Risikolagen situationsangemessen reagiert werden kann. Verstöße beginnen bei fehlender oder falscher Meldung von auftretenden Infektionen/Infektionsfällen und umfassen alle erdenklichen Bereiche des Infektionsschutzes wie z.B. unvollständiges Ausfüllen von Impfbüchern. Derzeit dürften für die Allgemeinheit Verstöße gegen Kontaktverbote am bedeutendsten sein. Gerade bei schönem Wetter würden wir uns nur allzu gern mit Freunden zum Sport, Grillen oder abends im Lieblingsrestaurant zum Essen treffen.

Im Falle von Verstößen drohen jedoch Bußgelder bis zu € 25.000. Die genaue Höhe liegt im Ermessen von Städten und Gemeinden. Diesen steht es zu, eigene Bußgeldkataloge zu erstellen und Geldbußen entsprechend der Situation festzulegen. Das Bundesland Nordrhein-Westfalen hat insoweit bereits einen Bußgeldkatalog erstellt, welcher exemplarisch dargestellt werden soll. Es ist davon auszugehen, dass in anderen Bundesländern mit ähnlichen Bußgeldern/Strafen zu rechnen sein wird; diese werden sich dann jeweils ebenfalls auf das Infektionsschutzgesetz berufen. Im Einzelnen heißt in den Regelungen von Nordrhein-Westfalen:

„I.

Als Straftaten gemäß §§ 75, 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG i. V. m. der CoronaSchVO einzuordnen und an die Strafverfolgungsbehörden abzugeben sind

  • vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen die Betretungsverbote für Reiserückkehrer aus Risikogebieten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 CoronaSchVO,
  • vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen das Verbot von Ansammlungen in der Öffentlichkeit und Zusammenkünften von mehr als 2 Personen (§ 12 CoronaSchVO), falls die Ansammlung/Zusammenkunft aus mehr als 10 Personen besteht, und
  • vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen das Verbot, (öffentliche) Veranstaltungen/Versammlungen durchzuführen (§ 2 Abs. 4 CoronaSchVO für öffentliche Veranstaltungen in Gesundheits-und Pflegeeinrichtungen; § 11 Abs. 1 CoronaSchVO allgemein für Veranstaltungen und Versammlungen).

II.

Alle anderen Verstöße gegen die CoronaSchVO sind als Ordnungswidrigkeiten wie folgt zu ahnden.“

Die Strafen im Einzelnen:

Dies bedeutet im Klartext, dass in den unter I. genannten Fällen mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren zu rechnen ist. Sofern es nachgewiesen werden kann, dass bei einem solchen Verstoß das Virus verbreitet wurde, also eine weitere Person angesteckt worden ist, ist gem. § 75 Abs. 3 IfSG zwingend eine Freiheitsstrafe von mindestens 3 Monaten bis zu 5 Jahren zu verhängen. Wird eine dieser genannten Taten fahrlässig begangen, beträgt die Höchststrafe gem. § 75 Abs. 4 IfSG „nur“ 1 Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.

Alle anderen Verstöße, wie z.B. ein nicht gestatteter Besuch in einem Altenheim oder das Treffen mit mehreren, jedoch unterhalb der Anzahl von 10 Personen wird als Ordnungswidrigkeit verfolgt. Folglich handelte es sich beispielsweise bei den sogenannten „Coronapartys“ dann um Straftaten, sofern mehr als 10 Personen anwesend waren.

Die Höhe der Geldbußen beläuft sich in Nordrhein-Westfalen auf € 200 Geldbuße pro Person bei Zusammenkünften oder sogar bis zu € 800 Geldbuße bei Besuchen im Krankenhaus.

Insgesamt wird deutlich, dass der Gesetzgeber in dieser Situation hart durchgreifen will und auch wird.

Allgemeine Strafrechtsvorschriften, welche durch COVID-19 anders betrachtet werden müssen:

Neben diesem besonderen, auf Infektionsschutz gerichteten Strafrecht (ein Gebiet des sog. Nebenstrafrechts) sollte man aber auch in Zeiten einer Pandemie das allgemeine Strafrecht (Kernstrafrecht), also die Strafvorschriften des Strafgesetzbuches (StGB) nicht vergessen:

In Ansehung vergleichbarer Rechtsprechungsinhalte bzgl. anderer ansteckender Viruserkrankungen, wie z.B. HIV, ist davon auszugehen, dass auch durch die Verbreitung des Coronavirus eine Körperverletzung verwirklicht werden kann. Ein wissender Virusträger, der mit dem bewussten Anhusten oder einem hiermit vergleichbaren Verhalten die Ansteckung anderer zumindest billigend in Kauf nimmt, macht sich damit also – unabhängig von den oben genannten Infektionsschutzstrafrechtsnormen – strafbar.

Beim Anhusten darf mindestens von einer gefährlichen Körperverletzung ausgegangen werden. Der Strafrahmen läge hierfür bei einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren. Die konkrete Strafhöhe hängt dann vom Einzelfall ab (welchen Verlauf nimmt die Krankheit, ist der Täter vorbestraft, etc.).

Sofern es zu einem schweren (wenn z.B. dauerhafte Schäden) oder sogar tödlichen Verlauf der Krankheit kommt kommen auch die Straftatbestände der schweren Körperverletzung oder Körperverletzung mit Todesfolge in Betracht. Auch hierüber entscheidet der konkrete Verlauf im Einzelfall.

Von einem scherzhaften Umgang mit den verhängten Maßnahmen ist insoweit dringend abzuraten. Sollten Sie dennoch Konsequenzen aus einer entsprechenden Handlung zu befürchten haben, benötigen Sie dringend fachkundige Unterstützung. Lassen Sie sich nicht zu vorschnellen Aussagen gegenüber den Behörden verleiten, ziehen Sie vielmehr einen Rechtsbeistand zu Rate. Auch bei Diebstahlsthematiken betreffend fehlende medizinische Güter wie Desinfektionsmittel und Schutzkleidung ist in diesen Zeiten nicht von staatsanwaltschaftlicher Milde auszugehen, wie es üblicherweise bei geringwertigen Gegenständen der Fall ist.

Dr. Granzin Rechtanwälte steht Ihnen fachanwaltlich im Strafrecht zur Seite, unsere Kanzlei ist besetzt und wir beraten und vertreten Sie auch in Zeiten der Corona-Pandemie.

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