Kann Facebook mich meinen Job kosten?

Die Nutzung sozialer Medien war noch nie so intensiv wie heute. Immer häufiger kommt es deshalb vor, dass Arbeitgeber sich durch die Aktivitäten ihrer Arbeitnehmer in sozialen Netzwerken und Medien beeinträchtigt fühlen. In diesen Fällen stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen gegebenenfalls eine Kündigung gerechtfertigt sein kann.

„Ich soll jetzt Mitleid haben? Nein. Warte nur ab Merkel, es wird noch schlimmer kommen. Deutschland will, dass Erdogan und die Türkei vernichtet werden.“

So hatte eine Facebook Nutzerin den Amoklauf von München im Juli dieses Jahres kommentiert. Die Quittung dieses Posts während ihrer Freizeit war der Verlust ihres Jobs und ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft wegen Volksverhetzung.

Während vor einigen Jahren noch etwa Beleidigungen des Arbeitgebers und Beleidigungen von Kolleginnen und Kollegen den Hauptteil von „Facebook-Kündigungen“ bildeten, sind gegenwärtig vor allem extreme politische Äußerungen die Wiege entsprechender Problemfälle. So hatte etwa direkt nach dem Terroranschlag, der im Januar letzten Jahres in Paris auf die Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo verübt wurde und 12 Tote forderte, ein Betriebsratsmitglied auf Facebook gepostet, dass „jeder Mensch für seine Taten zahle“ und seinen Post mit dem Satz: „Fuck Charlie Hebdo“ geschlossen.

Und was ist mit meiner Privatsphäre?

Zwar ist es üblicherweise Privatsache des Arbeitnehmers, was er außerhalb seiner Arbeitszeit auf Facebook anstellt. Außerdienstliches Verhalten ist normalerweise grundsätzlich nicht kündigungsrelevant. Wenn jedoch der Facebook-Nutzer in seinem Profil etwa angibt, wo er gegenwärtig beschäftigt ist, kann ein Bezug zum Arbeitsplatz entstehen. In einem vom Arbeitsgericht Mannheim entschiedenen Fall hatte der Arbeitnehmer auf Facebook ein Bild mit dem Eingang des Konzentrationslagers Auschwitz und dem Text „Polen ist bereit für die Flüchtlingsaufnahme“ gepostet. Zugleich hatte er angegeben, wer sein Arbeitgeber ist. Das Arbeitsgericht Mannheim sah die hierauf ausgesprochene Kündigung als gerechtfertigt an, da die Identität des Arbeitgebers klar erkennbar war. Dies könnte allerdings auch schon dann der Fall sein, wenn eindeutig erkennbar ist, wo der Arbeitnehmer tätig ist, auch wenn er den Arbeitgeber nicht explizit nennt. Solche Rückschlüsse sind zum Beispiel dann denkbar, wenn etwa der Arbeitnehmer in Dienstkleidung auf dem Foto erscheint oder vor dem Dienstwagen des Arbeitgebers „posiert“.

Zu beachten ist natürlich, dass Äußerungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in sozialen Netzwerken normalerweise nicht für den Arbeitgeber bestimmt sind und diesem auch nicht zu Angesicht gelangen. Bekommt er sie trotzdem mit, stellt sich natürlich die Frage, ob der Arbeitgeber entsprechende Informationen im Kündigungsschutzprozess gleichwohl verwerten darf. Im Arbeitsgerichtsprozess verhält es sich so, dass selbst rechtswidrig erlangte Beweismittel im Normalfall verwertbar sind; ein Verbot, die Beweismittel zu verwerten, kommt erst dann in Betracht, wenn das Gericht in der Beweismittelverwertung eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers sieht. Selbst dann kann allerdings ein solcher Eingriff gerechtfertigt sein, wenn schutzwürdige Interessen gerechtfertigt sind.

Man achte auf die „digitale Öffentlichkeit“!

Nun allerdings wird es etwas kompliziert: Ob und inwieweit ein Beweisverwertungsverbot besteht, ist etwa auch davon abhängig, für wen die Einträge – etwa bei Facebook – sichtbar gemacht worden sind. So können bei Facebook Einträge nur für „Freunde“, andererseits aber auch für „Freunde von Freunden“ sichtbar gemacht werden. Eine weitere Möglichkeit ist die, dass alle Facebook-Einträge öffentlich sichtbar sind. Sofern Einträge öffentlich sichtbar sind, dürfte sich die Frage nach einem Beweisverwertungsverbot bereits deshalb nicht stellen, weil eine „öffentlich“ gemachte Äußerung schlichtweg niemals die Verletzung eines Persönlichkeitsrechtes bedeuten kann.

Wenn indes Einträge auch für „Freunde von Freunden“ zugänglich sind, dürfte Ähnliches gelten. Ungeachtet dessen, dass der Arbeitnehmer den Empfängerkreis aufgrund der entsprechenden Einschränkung begrenzt hat, wird man kaum von einer vertraulichen und insoweit schützenswerten Kommunikation reden können. Ein durchschnittlicher Facebook-Nutzer hat etwa 400 „Freunde“. Wenn man hierzu die „Freunde von Freunden“ zählt, dürfte es sich – Überschneidungen herausgerechnet – um einen Personenkreis von mindestens 10.000 Personen handeln, mithin wohl um die Einwohnerzahl einer mittelgroßen Stadt. Ein entsprechender Eintrag dürfte dann als „quasi öffentlich“ angesehen werden.

Insoweit dürfte ein Beweisverwertungsverbot potenziell nur dann in Frage kommen, wenn ein Arbeitnehmer Facebook-Äußerungen ausschließlich seinen tatsächlichen „Facebook-Freunden“ zur Verfügung stellen möchte. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechtes des Arbeitnehmers kommt in dieser Konstellation freilich auch dann in Betracht, wenn sich etwa der Arbeitgeber unter einem falschen Namen, d.h. unter einem „Fake-Profil“ entgegen der Facebook-Richtlinien die Freundschaft des Arbeitnehmers „erschlichen“ hat.

Ähnlich sieht es die Rechtslage im Hinblick auf Äußerungen über einen dienstlichen „Twitter-Account“. Insbesondere bei einem solchen Twitter-Account liegt die Gefahr, aufgrund der Kürze und Schnelle der Kommunikation wenig Durchdachtes zu posten. Wenn einem Arbeitnehmer eine unbedachte Äußerung einmal „herausgerutscht“ ist, dürfte für die Kündigungsrelevanz sein unmittelbar darauffolgendes Verhalten bedeutsam sein. Löscht der Arbeitnehmer den Tweet sofort wieder und entschuldigt sich eventuell für sein Verhalten, so könnte dies im Rahmen einer Interessenabwägung dazu führen, dass eine außerordentliche Kündigung für unwirksam erklärt werden könnte. Zu beachten ist allerdings, dass entsprechende Tweets sehr schnell weiterverbreitet werden könnten. Zudem sichern etwa Screenshots der sog. „Follower“ den Fortbestand eines „Tweets“ trotz Löschung. Sollte sich ein Tweet ungeachtet seiner Löschung bereits so weit verbreitet haben, dass Ruf und Interesse der Arbeitgeberseite bereits beeinträchtigt sind, spräche dies für eine Wirksamkeit einer auszusprechenden oder ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung.

Handelt es sich hingegen um Äußerungen über einen privaten Twitter-Account, könnte eine Kündigungsrelevanz dann gegeben sein, wenn wiederum zum Arbeitsverhältnis ein Bezug besteht oder hergestellt werden kann. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zu Facebook verwiesen werden. Sofern sich der Bezug zum Arbeitsverhältnis nur für den Eingeweihten, d.h. den tatsächlichen „Freund“ des Users ergibt, dürfte die Kündigungsrelevanz zu verneinen sein, da eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des sich Äußernden dann wohl gegeben wäre.

Nicht zuletzt sollte auch mit dem beliebten und verführerischen „Like“-Funktion vorsichtig umgegangen werden, auch hier ist es bundesweit schon zu einigen gravierenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen gekommen.

Auch ein während der „Krankmeldung“ gepostetes oder verlinktes Foto beim genüsslichen Elbspaziergang oder szenigen Barbesuch kann selbstredend arbeitsrechtlich brenzlig werden, sofern man seine Privatsphäre-Einstellungen in der „Social Media Community“ nicht im Griff hat!

Und die Moral von der Geschicht, Selbstbeherrschung im Netz hat man…oder nicht!

Es empfiehlt sich, sorgsam in sozialen Medien zu agieren, ein heftiger Post aus einer Laune heraus dürfte wohl kaum von irgendjemandem als Kündigungsgrund in Kauf genommen werden.

Am besten ist es, wenn der Arbeitgeber problematische Postings erst gar nicht sehen kann. Das geht über die „Privatsphäreneinstellungen“ der sozialen Netzwerke. In den jeweiligen Hilfebereichen der Plattformen kann man ausführlich lesen, welche Einstellungen das eigene Profil schützen.

Sollten die modernen Medien Sie dennoch mal als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber in Bedrängnis bringen oder gar in ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren, beraten wir, Dr. Granzin Rechtsanwälte, Sie gerne mit unserer Erfahrung und Expertise als Fachanwälte für Arbeitsrecht und Strafrecht.

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