Konflikte gehören zum Leben dazu und liegen in der menschlichen Natur. Nicht immer läuft dabei jedoch alles glimpflich ab – immer wieder liest man von eskalierenden Streitigkeiten, die für die Beteiligten bisweilen schwere Folgen haben können. Strafrechtlich relevant sind dabei nicht nur tätliche Angriffe, sondern auch bestimmte Äußerungen. Fallen etwa im Eifer des Gefechts Sätze wie „Ich mach’ dich kalt“, kann dies ein Ermittlungsverfahren wegen Bedrohung nach sich ziehen. Wegen Bedrohung kann sich aber auch strafbar machen, wer zwar nicht ausdrücklich droht, aber ein entsprechendes Verhalten an den Tag legt. In diesem Zusammenhang hatte der Bundesgerichtshof (BGH) jüngst zu entscheiden, ob der Versuch eines Verbrechens zugleich eine Bedrohung mit diesem darstellt.
Was versteht man unter einer „Bedrohung“?
Der Tatbestand der Bedrohung ist in § 241 StGB (Strafgesetzbuch) geregelt. Um sich wegen Bedrohung nach § 241 Abs.1 StGB strafbar zu machen, muss ein Täter dem Drohungsadressaten in Aussicht stellen, ihm selbst oder einer ihm nahestehenden Person gegenüber ein Verbrechen zu verüben.
§ 241 Abs. 2 StGB regelt einen Vortäuschungstatbestand, sodass wegen Bedrohung auch strafbar ist, wer ein angeblich bevorstehendes Verbrechen vortäuscht. Nach dem Tatbestand ist also zunächst zwischen Vergehen einerseits und Verbrechen andererseits zu differenzieren, denn nur die Bedrohung mit einem Verbrechen wird von § 241 StGB erfasst.
Der Begriff des „Verbrechens“ ist im Strafgesetzbuch in § 12 Abs. 1 definiert. Danach sind Verbrechen Straftaten, die im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr bedroht sind.
Wer also damit droht, eine andere Person zu töten, kann sich wegen Bedrohung strafbar machen. Wird hingegen nur eine Ohrfeige „angedroht“, ist dies kein Fall des § 241 StGB, denn die einfache Körperverletzung gem. § 223 StGB ist ein Vergehen – und kein Verbrechen.
Nicht nur verbale Bedrohung ist strafbar
Gedroht werden kann entweder ausdrücklich durch Erklärung oder konkludent, das heißt durch Handeln in schlüssiger Form, mit dem der Täter das In-Aussicht-Stellen deutlich macht. Wer einem anderen also ohne große Worte eine Waffe vorhält, kann ebenso strafbar sein, wie der Täter, der wortreich ein Verbrechen in Aussicht stellt.
Dass sich Täter und Opfer von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen, ist übrigens nicht notwendig: Eine Bedrohung kann auch in geschriebener Form, etwa per WhatsApp, oder durch einen Anruf erfolgen.
Objektive Eignung reicht aus
§ 241 StGB schützt den individuellen Rechtsfrieden, indem er das Vertrauen des Einzelnen auf seine durch das Recht gewährleistete Sicherheit vor besonders schwerwiegenden Bedrohungen schützt. Es kommt jedoch nicht darauf an, ob das Opfer die Ankündigung (§ 241 Abs. 1) oder die Vorspiegelung (§ 241 Abs. 2) eines Verbrechens auch tatsächlich ernst nimmt. Entscheidend ist, dass die Drohung objektiv den Eindruck der Ernsthaftigkeit erweckt. Ebenfalls unerheblich ist, ob der Täter auch tatsächlich in der Lage ist, das Angedrohte in die Tat umzusetzen.
Bei der Bedrohung handelt es sich somit um ein sogenanntes abstraktes Gefährdungsdelikt. Bei dieser Art von Delikten muss der Täter das geschützte Rechtsgut – bei der Bedrohung also den individuellen Rechtsfrieden – nicht verletzen, um sich strafbar zu machen. Bereits die bloße Verursachung einer abstrakten Gefahr wird mit Strafe bedroht.
Bedrohung durch Versuch?
Der BGH hatte jüngst die interessante Rechtsfrage zu beantworten, ob der Versuch eines Verbrechens auch eine Bedrohung mit einem solchen darstellt.
Bei der Entscheidung ging es um folgenden Sachverhalt: Die beiden Beteiligten gerieten über ein Betäubungsmitteldelikt in Streit. Nachdem sich zunächst eine verbale Auseinandersetzung entwickelt hatte, mündete diese schließlich darin, dass einer der Beteiligten ein Küchenmesser zur Hand nahm und damit zweimal mit Tötungsvorsatz in Richtung des Bauches des Anderen stieß. Dieser konnte dem Angriff jedoch ausweichen, sodass der Angreifer von ihm abließ und das Messer beiseitelegte.
Da der Angreifer die weitere Ausführung der Tat freiwillig aufgegeben hatte, war er strafbefreiend zurückgetreten, sodass eine Strafbarkeit wegen versuchten Totschlags ausschied. Entsprechendes galt für eine versuchte schwere Körperverletzung.
Drohen nur als Hinweis auf die Zukunft
In Betracht kam jedoch eine Strafbarkeit wegen Bedrohung. Indem der Angreifer mit dem Messer stach, könnte er mit einem Totschlag gedroht haben. Die Richter lehnten dies im Ergebnis jedoch ab, da ein Drohen nur als Hinweis auf etwas noch Zukünftiges begriffen werden könnte.
In der Verwirklichung eines Geschehens könne aber nicht zugleich seine Ankündigung liegen, so der BGH. Die beiden Stichbewegungen, die nur aufgrund der Ausweichmanöver nicht zum Erfolg führten, stellten bereits einen Tötungsversuch dar und somit den Beginn einer verbrecherischen Handlung.
Somit schied in diesem Fall eine Strafbarkeit nach § 241 I StGB aus.
Was tun bei einer Anzeige wegen Bedrohung?
Steht der Vorwurf einer Bedrohung im Raum, sollte man dies keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen, denn bei einer Verurteilung droht Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Da es sich bei der Bedrohung nicht um Verbrechen handelt, kommt grundsätzlich auch eine Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit in Betracht – dies hängt aber natürlich von den genauen Umständen des Einzelfalls ab.
Empfehlenswert ist es in jedem Fall, einen Rechtsanwalt – idealerweise einen Fachanwalt für Strafrecht – zu konsultieren. Denn dieser wird einen Beschuldigten nicht nur vor unbedachten und voreiligen Aussagen schützen, sondern auch die optimale Verteidigungsstrategie entwickeln können. Sollten sie zu diesem Thema anwaltlichen Rat benötigen, stehen wir – Dr. Granzin Rechtsanwälte – Ihnen mit unserer langjährigen Erfahrung im Strafrecht jederzeit gerne zur Seite.
Sei der erste der kommentiert