Neue StVO – Scharfe Strafen für Verkehrssünder

Am 28.04.2020 trat die 54. Verordnung zu Änderung der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften (BGBl. I 2020 S.814) in Kraft. Das Ziel der Straßenverkehrsnovelle war es, die Ahndung und Sanktionierung von Verkehrsverstößen effektiver zu gestalten und dadurch mehr Sicherheit im Straßenverkehr zu schaffen. Schon zu Beginn dieses Artikels ist hierbei darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber bereits selbst erkannt hat, dass er unter Umständen etwas über das Ziel hinausgeschossen ist. Entsprechend jüngster Pressemitteilung ist das Bundesverkehrsministerium bereits bemüht, die erfolgte Verschärfung wieder etwas zu entschärfen. Wohin genau diese Entschärfungen führen wird und, ob die Länder, die bei der Verabschiedung der Straßenverkehrsnovelle aktiv die Verschärfung betrieben hatten, diesem Unterfangen zustimmen werden, lässt sich derzeit noch nicht genau bestimmen.

Geänderte Regelungen in der StVO

Für Falschparker wird das Leben schwerer durch Inkrafttreten der neuen Regeln. Die Geldstrafen für allgemeine Halte- und Parkverstöße wurde auf € 25,00 angehoben, Parken auf einem Behindertenparkplatz schlägt fortan mit € 55,00 zu Buche. Das Halten auf Rad- und Gehwegen kann durch die neuen Regeln sogar zu einem Punkt in Flensburg führen. Voraussetzung ist, dass es sich um einen schweren (Halte- und Park-) Verstoß handelt. Von einem schweren Verstoß soll ausgegangen werden, wenn andere Verkehrsteilnehmer behindert oder gefährdet werden, eine Sachbeschädigung dadurch verursacht worden ist oder eine Halt- bzw. Parkdauer von mehr als einer Stunde vorliegt. Während sich hier einige dieser Begriffe sofort erklären, wird die Rechtsprechung bei der Bewertung des Begriffs, ab wann in den genannten Fällen von einer Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer auszugehen ist, erst noch konkrete Kriterien ausarbeiten müssen. Auch das unberechtigte Parken auf Parkplätzen für Elektrofahrzeuge und Carsharing-Fahrzeuge kann nun mit € 55,00 sanktioniert werden.

Ein weiterer wichtiger Eckpunkt der Neuerungen ist der bessere Schutz von Fahrradfahrern. Dass ein Mindestabstand beim Überholen einzuhalten ist, wird jedem Autofahrer bereits bewusst sein, doch durch die StVO Novelle wurde dieser – bisher unbestimmte Begriff – nunmehr eindeutig festgelegt. Innerorts hat der Autofahrer beim Überholen eines Fahrradfahrers mindestens 1,5 m Abstand zu halten, außerorts sind es 2,0 m. Sofern dies nicht gewährleistet wird, hat ein Überholen zu unterbleiben. Die Nichteinhaltung erfährt eine Ahndung mit € 30,00, auch, wenn keine Folgen aus der Unterschreitung des Abstandes resultieren. Sofern der Radfahrer gefährdet wird, liegt die Geldstrafe bereits bei € 80,00 nebst Erteilung eines Punktes. Wenn es tatsächlich zu einer Schädigung kommt, beläuft sich die Geldbuße auf € 100,00 und einen Punkt. Problematisch an dieser Regelung: der Anspruch an die Abschätzungsfähigkeit der Autofahrer im Hinblick auf Abstände sowie die Beweislage. Abstandsmessungen zum vorausfahrenden Fahrzeug auf der Autobahn sind allseits bekannt, aber wie im Zweifelsfall der Abstand in einer kleineren Straße zu einem Fahrer eindeutig bestimmt werden könnte, stellt sich als fraglich dar. Gerade wenn man sich kleine Straßen vorstellt, wie sie nahezu in jedem Ort vorkommen, führen diese faktisch zu einem Überholverbot durch die Regel. Aufgrund der Ungenauigkeit der genauen Bemessung, ob ein Abstand von beispielsweise 1,30 m oder 1,60 m eingehalten worden ist, wird sich eine Ahndung wohl auf die Fälle beschränken müssen, in denen die Bemessung eindeutig ist – hierin werden deutliche Schwierigkeiten liegen. Insofern ist jedem, der sich mit einem derartigen Vorwurf behördlicherseits konfrontiert sieht, anzuraten, nicht sofort die Flinte ins Korn zu werfen, sondern sich mittels fachkompetenter Unterstützung gegen einen solchen Vorwurf zur Wehr zu setzen. 

Neu ist auch, dass das Benutzen einer gebildeten Rettungsgasse nunmehr gleichermaßen bestraft wird wie das Unterlassen der Bildung. Hier drohen € 240,00 Geldbuße, ein Monat Fahrverbot und zwei Punkte, unabhängig davon, ob es durch das Verhalten zu einer Behinderung oder Gefährdung kommt. Sollte durch das Benutzen der Gasse eine Gefährdung beispielsweise Verletzter eintreten, weil die Rettungskräfte behindert werden, dann kann eine Geldstrafe von bis zu € 320,00 fällig werden.

Bedeutendste Neuerung ist die stark kritisierte Verschärfung der Bußgelder gegen überhöhte Geschwindigkeiten. Wichtigste Änderung hierbei ist, dass bereits ab einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 21 km/h innerorts ein Fahrverbot vorgesehen ist; außerorts bereits ab 26 km/h. 

(Weitere Geldstrafen und Sanktionen zur Geschwindigkeitsüberschreitung haben wir für Sie in dieser Tabelle aufbereitet.=

Dies wird zu Recht von vielen als Unverhältnismäßig empfunden. Aufgrund der bereits jetzt, so kurz nach Inkrafttreten der Änderungen, erfolgten scharfen Kritik ist das Verkehrsministerium bereits bemüht, die Teils harten Sanktionen wieder abzumildern. Wie genau das erfolgen soll, lässt sich noch nicht genau prognostizieren. Sobald nähere Informationen bekannt werden, bringen wir Sie auf den neusten Stand. Wichtig ist hierbei aber, dass man gerade jetzt, wenn Änderungen bzgl. dieses unverhältnismäßigen Fahrverbots angedacht sind, sich entschieden gegen eine Erteilung nach der derzeitigen Rechtslage wehrt. 

Für tiefergehend interessierte Leser verweisen wir auf die Ausführungen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur zur StVO-Novelle: https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/StV/Strassenverkehr/bussgeldkatalog-stvo.html

Es bleibt festzuhalten, dass die ungewöhnliche Situation einer anzunehmenden Übergangszeit vorliegt, innerhalb derer nur jedem Betroffenen zu einem kritischen Umgang mit – diese neuen Regelungen betreffenden – Bescheiden zu raten ist. Lassen Sie Ihren Vorgang überprüfen, damit Sie nicht unnötig Bußgelder zahlen, Punkte kassieren oder gar etwaig auf Ihren Führerschein verzichten. Wir sind für Sie da: Dr. Granzin Rechtsanwälte
 

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