Eine Schwangerschaft ist eine große Herausforderung: Es gibt jede Menge zu planen und zu organisieren und auch in Hinblick auf den Job stellen sich viele Fragen. Wie lange muss ich noch arbeiten, wie lange darf ich nach der Geburt aussetzen und wann sollte ich meinem Arbeitgeber von der Schwangerschaft erzählen?
Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) schützt berufstätige Mütter vor und nach der Geburt eines Kindes vor gesundheitlichen Gefahren am Arbeitsplatz. Außerdem sichert es das Einkommen der Frau in der Zeit, in der sie nicht arbeiten darf und bewahrt sie vor der Kündigung.
Nach 65 Jahren soll es nun erstmals reformiert werden – höchste Zeit, denn die aktuellen Regeln stammen aus dem Jahr 1952 und eine Überarbeitung ist somit schon längst überfällig. Der Bundestag hat den Gesetzesentwurf nun vor kurzem auf den Weg gebracht. Ziel ist es vor allen Dingen, den Mutterschutz zeitgemäßer zu gestalten, nämlich durch eine Ausweitung und flexiblere Gestaltung der gesetzlich verankerten Schutzzeit. Davon profitieren besonders Schülerinnen, Studentinnen und Praktikantinnen. Im Wesentlichen sollen die Neuregelungen ab dem 1. Januar 2018 gelten. Was man rund ums Thema wissen muss und was sich zukünftig ändern wird, erklären wir im heutigen Beitrag.
Für wen gilt der Mutterschutz?
Der Mutterschutz beginnt normalerweise sechs Wochen vor der Entbindung und endet acht Wochen nach dem tatsächlichen Geburtstermin. Bei Früh- und Mehrlingsgeburten verlängert sich die Frist auf zwölf Wochen nach der Geburt.
Diese Regelungen gelten grundsätzlich für alle Arbeitnehmerinnen, und zwar unabhängig davon, ob sie in Voll-oder Teilzeit beschäftigt sind oder sich noch in beruflicher Ausbildung bei einem Arbeitgeber befinden. Für Mini-Jobberinnen auf 450-Euro-Basis gilt das Gesetz ebenfalls.
Diese Arbeitszeitbeschränkungen sollen mit der Reform allerdings auf Wunsch der werden Mutter gelockert werden können. Auf eigenen Wunsch können Schwangere dann länger bis zur Geburt arbeiten. Unabhängig von der Branche sollen schwangere Frauen zukünftig auch entscheiden dürfen, ob sie an Sonn- und Feiertagen arbeiten wollen. Für die Beschäftigung in den Abendstunden gilt entsprechendes. Grundsätzlich darf ein Arbeitgeber schwangere oder stillende Frauen nicht zwischen 20 und 6 Uhr beschäftigen. Nach der Reform soll dies mit Einwilligung der Frau und Zustimmung durch die zuständige Behörde bis 22 Uhr möglich sein.
Mit der Reform wird der Mutterschutz zukünftig auch auf schwangere Frauen ausgeweitet, die sich im Studium oder in Ausbildung befinden oder noch zur Schule gehen. Sie können künftig von verpflichtenden Veranstaltungen, Praktika oder Prüfungen befreit werden, ohne deshalb Nachteile zu erleiden.
Mütter, die ein behindertes Kind zur Welt bringen, sollen in Zukunft eine längere Schonzeit bekommen – nämlich insgesamt zwölf Wochen Mutterschutz nach der Geburt.
Auch in einem befristeten Beschäftigungsverhältnis ist man durch die Regelungen des Mutterschutzgesetzes abgesichert – allerdings nur solange das Arbeitsverhältnis besteht. Ein befristetes Arbeitsverhältnis endet auch dann mit dem vertraglich vereinbarten Ablauf, wenn die Arbeitnehmerin schwanger ist.
Wann sollte der Arbeitgeber von der Schwangerschaft erfahren?
Eine Schwangerschaft ist etwas sehr privates, sodass es grundsätzlich keine Meldepflicht diesbezüglich gibt. Allerdings sollte man bedenken, dass bestimmte Arbeitsschutzbestimmungen nur dann umgesetzt werden können, wenn dem Arbeitgeber die Schwangerschaft bekannt ist.
Werdende Mütter dürfen nämlich nach § 4 MuSchG nicht mit schweren körperlichen Arbeiten und nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, bei denen sie schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Staub, Gasen oder Dämpfen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Erschütterungen oder Lärm ausgesetzt sind. Sie dürfen insbesondere nicht beschäftigt werden
• mit Arbeiten, bei denen regelmäßig Lasten von mehr als fünf Kilogramm Gewicht oder gelegentlich Lasten von mehr als zehn Kilogramm Gewicht ohne mechanische Hilfsmittel von Hand gehoben, bewegt oder befördert werden
• nach Ablauf des fünften Monats der Schwangerschaft mit Arbeiten, bei denen sie ständig stehen müssen, soweit diese Beschäftigung täglich vier Stunden überschreitet.
• mit Arbeiten, bei denen sie sich häufig erheblich strecken oder beugen oder bei denen sie dauernd hocken oder sich gebückt halten müssen,
• mit Arbeiten, bei denen sie erhöhten Unfallgefahren, insbesondere der Gefahr auszugleiten, zu fallen oder abzustürzen, ausgesetzt sind.
Im Ergebnis heißt das oft, dass die Frau an ihrem eigentlichen Arbeitsplatz nicht mehr eingesetzt werden kann. Entweder findet sich eine ihrer Qualifikation entsprechende Ersatzaufgabe oder die Arbeitnehmerin wird freigestellt.
Schon aus Gründen der Fairness sollte man den Arbeitgeber daher so früh wie möglich in Kenntnis setzen, damit der Ausfall entsprechend eingeplant und eine Vertretung gefunden werden kann.
Was gilt beim Kündigungsschutz?
§ 9 MuSchG enthält ein Kündigungsverbot. Von Beginn der Schwangerschaft bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses unzulässig,
- wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder
- innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.
Das heißt, der Kündigungsschutz gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber von der Schwangerschaft nichts weiß. Auch nach einer bereits ausgesprochenen Kündigung ist man geschützt und kann unter Umständen auch nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist die Mitteilung noch nachholen.
Ein Arbeitsverhältnis kann trotz Schwangerschaft in folgenden Fällen wirksam beendet werden, wenn
- die Arbeitnehmerin selbst kündigt. Eine Eigenkündigung ist nach § 10 MuSchG auch ohne Einhaltung einer Frist zum Ende der Schutzfrist nach der Entbindung möglich
- Arbeitgeber und Arbeitnehmerin einen Aufhebungsvertrag schließen
- der Arbeitsvertrag aufgrund von Befristung endet. Wie oben bereits erwähnt, führt eine Schwangerschaft rechtlich nicht zur Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags.
Neu in das Mutterschutzgesetz aufgenommen, wurde ein Kündigungsschutz nach Fehlgeburten. Frauen, die nach der zwölften Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleiden, dürfen danach bis zum Ablauf von vier Monaten nicht gekündigt werden.
Und wie sieht es finanziell aus?
Um die Frau während der Schwangerschaft vor finanziellen Nachteilen zu schützen, sieht das Mutterschaftsgesetz verschiedene Mutterschaftsleistungen vor.
Mutterschaftsgeld: Sechs Wochen vor der Geburt und acht Wochen nach der Geburt erhalten Arbeitnehmerinnen Mutterschaftsgeld. Dieses wird bei der gesetzlichen Krankenkasse (oder für privat Versicherte beim Bundesversicherungsamt) beantragt und vom Arbeitgeber aufgestockt. Insgesamt entsprechen die Zahlungen dem durchschnittlichen Nettogehalt der letzten drei Monate. Wer monatlich 390 Euro oder weniger verdient, hat keinen Anspruch auf einen Zuschuss durch den Arbeitgeber.
Mutterschutzlohn: Falls eine Frau während der Schwangerschaft wegen einer erhöhten Gefahr für Leben und Gesundheit nicht weiterarbeiten darf, wird für die Zeit des individuellen Beschäftigungsverbots ihr Gehalt weitergezahlt. Dies gilt sogar dann, wenn die Arbeitnehmerin wegen einer Risikoschwangerschaft die Arbeit bei einem neuen Arbeitgeber noch gar nicht aufnehmen konnte. So hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg letztes Jahr entschieden, denn: Der Anspruch aus dem Mutterschutzgesetz „sieht keine vorherige tatsächliche Arbeitsleistung als Anspruchsvoraussetzung vor“. Aufgrund des Umlageverfahrens nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) werden dem Arbeitgeber die zu zahlenden Beträge in voller Höhe erstattet.
Selbstständige werden bisher nicht besonders geschützt. Die Reform sieht jedoch vor, dass sie sich für die Zeit des Mutterschutzes zukünftig finanziell besser absichern können.
Mutterschutz und Urlaubsanspruch
Auch wenn man wegen eines Beschäftigungsverbots während der Schwangerschaft nicht arbeiten darf, entstehen Urlaubsansprüche, die vom Arbeitgeber auch nicht gekürzt werden dürfen. Stehen Ihnen also noch Rest-Urlaubstage zu, können diese auch nach den Schutzfristen genommen werden. Eine Klausel im Arbeitsvertrag, nach der Urlaubstage verfallen, wenn sie nicht bis Ende März des folgenden Kalenderjahres genommen werden, gilt nicht, wenn Sie in Mutterschutz oder Elternzeit sind. Bei allen rechtlichen Fragen rund um das Thema Mutterschutz stehen wir, Dr. Granzin Rechtsanwälte, Ihnen gerne mit unserer arbeitsrechtlichen Expertise zur Seite.
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