Finger weg vom Handy – Die Ausweitung des Mobilfunkparagrafen

Mit dem Handy am Steuer zu telefonieren oder Nachrichten zu schreiben, ist verboten – wie jeder weiß. Sich daran zu halten, fällt allerdings gerade in der heutigen Zeit häufig schwer. Das Smartphone ist zum ständigen Begleiter geworden, der Griff danach bei vielen Menschen schon Routine. „Nur mal schnell die Emails checken“ oder „ganz kurz“ noch eine wichtige Nachricht abschicken. Auch wenn das Multi-Tasking im Verkehr meistens gut geht – gefährlich ist die Ablenkung durch das Handy allemal und mitunter kann sie auch tragische Folgen haben. Da die derzeitige Regelung laut Verkehrsministerium „nicht ernst genommen“ würde, soll die Smartphone-Nutzung am Steuer weiter eingeschränkt werden. Aber die geplante Gesetzesänderung betrifft nicht nur den Gebrauch des Handys, sondern auch die Nutzung anderer elektronischer Geräte. Der Gesetzgeber will mit der Ausweitung des Mobilfunkparagrafen auf neue Entwicklungen in der Kommunikationstechnik und geändertes Nutzungsverhalten reagieren. Was sich zukünftig ändern soll und welche Schwierigkeiten sich im Zusammenhang mit dem neuen Entwurf ergeben, fassen wir im Folgenden zusammen.

Um was genau geht es?

Während der Fahrt mit dem Auto das Handy in die Hand zu nehmen und verbotswidrig zu nutzen, kostet schon jetzt 60 Euro und einen Punkt in Flensburg. Bald könnte es aber noch empfindlichere Strafen geben – und das für mehr als nur die Handy-Nutzung.

Die Drucksache 424/17 des deutschen Bundesrates zeigt die vorgesehene Neufassung des § 23 StVO:

„(1a) Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn

1.     hierfür das Gerät nicht aufgenommen und nicht gehalten wird und

2.     entweder

a) nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder

b) zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitiger Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist, die einen Zeitraum von einer Sekunde nicht überschreitet.

Geräte in Sinne des Satzes 1 sind auch Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorekorder.“

Grundsätzlich dürfen elektronische Geräte also weiterhin genutzt werden, allerdings in eingeschränkter Form. Auch das Autoradio oder ein Navigationsgerät fallen unter diese Regelung.  Die Aufzählung ist allerdings nicht abschließend. Das bedeutet, dass potentiell auch Geräte erfasst sind, die bisher noch gar nicht auf den Markt gelangt sind. Entscheidend ist vor allem die Frage, ob die Nutzung aktiv durch die Hand erfolgt, oder sich passiv durch eine Sprachsteuerung bedienen lässt. Ist eine Sprachsteuerung nicht möglich, darf man sich dem jeweiligen Gerät maximal eine Sekunde lang zuwenden. Konsequent zu Ende gedacht würde dies bedeuten, dass völlig selbstverständliches – wie etwas der Senderwechsel am Radio, das Regulieren der Lautstärke oder eine Korrektur der Navi-Einstellungen – künftig verboten wäre, wenn der Fahrer zu diesen Zwecken seinen Blick dem Gerät länger als eine Sekunde zuwenden muss.

Wie sich dieser Zeitraum im Einzelfall nachweisen lassen soll, bleibt offen. Eine effektive Kontrolle bei Ordnungswidrigkeiten ist jedenfalls angesichts des Gesetzestexts nur schwer vorstellbar. So überrascht es dann auch wenig, dass der Antrag zwischenzeitlich ohne Angabe von Gründen zurückgezogen worden ist. Da ein gewisser Bedarf zur Überarbeitung nicht von der Hand zu weisen ist, bleibt zu hoffen, dass eine möglicherweise doch noch bevorstehende Änderung zuvor noch etwas an Feinschliff erfährt.

Geplantes Vermummungsgebot am Steuer

Die verbotswidrige ist im Übrigen nicht das einzige, was Autofahrer zukünftig teuer zu stehen kommen könnte. Bundesverkehrsminister Dobrindt plant zudem ein Vermummungsverbot. Ein Autofahrer dürfe demnach „sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken, dass er nicht mehr erkennbar ist“. Soweit die Verordnung, nach der Verstöße mit 60 Euro geahndet werden sollen.

Grund für das Verbot ist die Tatsache, dass Verkehrsdelikte zunehmend automatisiert erfasst werden. Die entsprechende Ahndung ist demgemäß beträchtlich erschwert, wenn das Gesicht, oder zumindest wesentliche Teile davon, von einem Schleier oder einer Maske verdeckt wird.

Handynutzung am Steuer: Auch ohne SIM verboten?

Neben dem auf der Hand liegenden Verbot des Telefonierens am Steuer, sind sich viele Autofahrer nicht darüber im Klaren, dass bei der aktuellen Rechtslage auch andere Tätigkeiten mit dem Handy von dem Verbot erfasst sind. Erst kürzlich hatte sich das Oberlandesgericht Hamm mit entsprechenden Fragen zu beschäftigen.

Ein Fall betraf die Frage, ob Musikhören über das Handy auch dann verboten ist, wenn in das Mobiltelefon keine SIM-Karte eingelegt ist. Der Betroffene hielt das Gerät in den Händen und spielte darüber Musik ab. Das Amtsgericht hatte ihn zunächst freigesprochen, weil es der Auffassung war, dass ein Mobiltelefon ohne eingelegte SIM-Karte von der Verbotsnorm des § 23 Abs. 1a StVO nicht erfasst sei. Das OLG vertrat hingegen eine andere Ansicht und teilte mit, dass „wer während der Fahrt mit seinem PKW sein Mobiltelefon in den Händen hält und Musik abspielen lässt, auch dann gegen die einschlägige Verbotsvorschrift verstößt, wenn in das Mobiltelefon keine SIM-Karte eingelegt ist“.

Entscheidend ist also nicht, ob mit dem Handy Telekommunikationsfunktionen ausgeübt werden können, sondern vielmehr, ob irgendeine Funktion des Mobiltelefons während der Fahrt benutzt wird.

Darf man während der Fahrt den Home-Button betätigen?

Auch wer als Fahrer während der Autofahrt sein Mobiltelefon in Händen hält und durch Drücken des Home-Buttons kontrolliert, ob das Gerät ausgeschaltet ist, begeht nach Auffassung des OLG Hamm eine Ordnungswidrigkeit, da er das Telefon benutzt.

Einem Polizeibeamten fiel im Jahr 2016 eben dieser Vorgang auf, als er den Verkehr beobachtete. Die vom Fahrer vorgetragene Begründung, er habe lediglich kontrollieren wollen, ob das Gerät ein-oder ausgeschaltet, half ihm nicht – das Amtsgericht verhängte gegen ihn ein Bußgeld in Höhe von 100 Euro. Auch die Revision vor dem Oberlandesgericht blieb erfolglos, denn das Gericht bestätigte das Urteil der Vorinstanz.

Auch die Frage, ob ein Autofahrer während er Fahrt sein Mobiltelefon nehmen darf, um es in die Ladestation zu stecken, musste gerichtlich entschieden werden. Eine Polizeistreife hatte den Fahrer bei genau diesem Vorgang beobachtet und ein Bußgeld wegen verbotener Handynutzung verhängt. Der Fahrer legte dagegen Widerspruch ein – zu Recht, wie der Richter entschied. Für eine Strafe müsse immer ein Bezug zur Telekommunikation gegeben sein, das bloße Umlegen des Gerätes reiche dafür jedoch nicht aus. Da es erlaubt sei, während der Fahrt über Freisprechanlage oder Headset zu telefonieren, könne es nicht ordnungswidrig sein, das Handy zu diesem Zweck in den funktionstüchtigen Zustand zu versetzen.

Es zeigt sich also, dass man im Zweifel lieber warten sollte, bis die Fahrt vorbei ist, bevor man sich wieder dem Handy widmet. Auch wenn es schwer fällt, kann man sich so jede Menge Ärger und Geld ersparen.

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