Arbeitsrecht im Profifußball – die Rechte der Spieler

Der Arbeitsalltag und die Vertragsbedingungen von Profifußballern unterscheiden sich teilweise erheblich von denen „normaler“ Angestellter und Arbeitern. Aus arbeitsrechtlicher Sicht sind aber auch Profifußballer ganz normale Arbeitnehmer. Die gesetzlichen Vorschriften, die die Rechte und Pflichten für Arbeitsverhältnisse regeln, gelten also grundsätzlich auch für sie. Bei aller grundsätzlichen Gleichheit gibt es bei Profifußballern aber natürlich auch ein paar Besonderheiten zu berücksichtigen. Da Gesetze relativ allgemein formuliert werden müssen, damit sie auf eine Vielzahl von verschieden ausgestalteten Arbeitsverhältnissen angewendet werden können, ist es Sache der Arbeitsgerichte, die Besonderheiten des Profifußballs in den Gesetzeskontext richtig einzuordnen. Einige wichtige Entscheidungen und Urteile sollen im Folgenden dargestellt werden.

Wirksamkeit befristeter Spielerverträge

Besondere Bekanntheit hat der „Fall Heinz Müller“ erlangt. Im Jahr 2012 hatte der Torhüter einen neuen Zweijahresvertrag mit seinem Verein, dem FSV Mainz 05, unterschrieben, bei dem er zuvor bereits seit drei Jahren beschäftigt war. Es wurde zudem vereinbart, dass sich der Vertrag nach einer bestimmten Anzahl von Bundesligaeinsätzen automatisch verlängern sollte. In der Winterpause 2013/2014 wurde Heinz Müller von seinem damaligen Trainer Thomas Tuchel „aussortiert“, so dass er in der folgenden Rückrunde nicht mehr auf die für die Vertragsverlängerung noch benötigten Einsätze kommen konnte. Damit endete sein Arbeitsverhältnis zur Sommerpause 2014, Müller wurde vereinslos. Er klagte gegen die Befristung seines Arbeitsvertrages vor dem Arbeitsgericht. Müller war der Ansicht, dass die Befristung unwirksam sei und sein Arbeitsverhältnis mit dem FSV Mainz 05 auch über den Sommer 2014 unbefristet fortbestehe. Die Klage ging durch alle Instanzen, so dass letztlich das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Jahr 2018 zu entscheiden hatte.
Gestützt wurde die Klage auf eine Regelung im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Im dortigen § 14 ist geregelt, dass Befristungen, für die es keinen sachlichen Grund gibt, höchstens für eine Dauer von zwei Jahren zulässig sind. Da Heinz Müller schon vor dem Jahr 2012 bei demselben Verein beschäftigt war, war eine weitere Befristung also nur möglich, wenn diese nicht kalendarisch, sondern über einen Sachgrund für die erneute Befristung begründet werden könnte. Welche Gründe als wirksamer Sachgrund in Betracht kommen, wird in § 14 TzBfG beispielhaft genannt. Von den dort genannten Gründen, die im Gesetzt wie oben beschrieben ja so allgemein formuliert werden müssen, dass sie für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen passen, kommt im Falle von Profifußballern „die Eigenart der Arbeitsleistung“ in Betracht.
Das BAG hatte also darüber zu entscheiden, ob die bisherige Vertragspraxis ständiger Vertragsbefristungen in der Bundesliga auch in Zukunft weiterhin möglich ist, oder ob die Spieler der deutschen Bundesligavereine nun schlagartig über unbefristete Verträge verfügen. Wäre dies der Fall, hätte dies zur Folge, dass sich die Vereine von den Spielern nur durch den Ausspruch von Kündigungen trennen könnten. Da nach einem halben Jahr aber das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) auch auf die Arbeitsverhältnisse von Profifußballern Anwendung findet, wenn – was in Fußballvereinen grundsätzlich der Fall ist – der Verein mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, müssten selbst für eine ordentliche  (also nicht fristlose) Kündigung entweder personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe vorliegen. Für jeden dieser drei möglichen Begründungsarten müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Die sog. Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen läge beim Verein, sofern der Spieler gegen die Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erheben würde. Wenn das BAG also entscheiden sollte, dass die Eigenarten des Profifußballs nicht als Sachgrund für die Befristung von Spielerverträgen ausreichen, hätte dies ebenso weitreichende Folgen für den gesamten deutschen Profifußball, wie es die Bosman-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 1995 für das Transfersystem durch den Wegfall von Ablösezahlungen für Spieler mit auslaufendem Vertrag hatte.
In seinem Urteil vom 16. Januar 2018 (Az. 7 AZR 312/16) entschied das BAG schließlich, dass die Eigenarten des Profifußballs eine zeitliche Befristung von Spielerverträgen rechtfertigen. Heinz Müller hatte mit seiner Klage also letztlich keinen Erfolg. Die höchsten deutschen Arbeitsrichter begründeten ihre Entscheidung damit, dass von Profifußballern sportliche Höchstleistungen erwartet werden, die nicht bis zum Rentenalter erbracht werden können. Dass solche Höchstleistungen nur für eine gewisse Zeit erbracht werden können, rechtfertige den besonderen Status von Profifußballern bei Befristungen. Zudem würden auch die Spieler von den zeitlich befristeten Verträgen profitieren, da ihnen dadurch Vereinswechsel und damit neue Karriere- und Verdienstchancen ermöglicht würden. Mit seinem Urteil hatte das BAG die bisherige Vertragspraxis im deutschen Profifußball also für rechtswirksam erklärt, was bei den Vereinen zu großer Erleichterung führte.

Beschäftigungsanspruch

Arbeitnehmer haben gegen ihren Arbeitgeber nicht nur Anspruch darauf, dass dieser ihnen das vereinbarte Gehalt zahlt, sondern auch darauf, von ihm so beschäftigt zu werden, wie es im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Ein Profifußballer kann also von seinem Verein verlangen, dass er auch entsprechend beschäftigt wird. Hier stellt sich die Frage, wie diese Beschäftigung konkret auszusehen hat.
Ein Profifußballer hat keinen Anspruch darauf, in Pflichtspielen eingesetzt zu werden. Der Verein bzw. grundsätzlich der Trainer kann aufgrund des ihm obliegenden Weisungsrechts frei entscheiden, welche Profis er in Spielen einsetzt. Da meist mehr als zwanzig Spieler pro Verein unter Vertrag stehen, aber nur 11 bzw. mit Einwechselspielern 14 Spieler pro Spiel eingesetzt werden können, ist klar, dass nicht jeder Profi spielen kann. Schon deshalb kann es keinen Anspruch auf Einsätze in Pflichtspielen geben.
Jeder Profifußballer hat jedoch Anspruch darauf, am Trainingsbetrieb einer Profimannschaft teilnehmen zu können, da fehlendes Training die Gefahr des Verlusts berufsspezifischer Fähigkeiten mit sich bringt. Daneben muss den Spielern aber auch die Chance gewährt werden, die vorhandenen und antrainierten Fähigkeiten auch in einem qualifizierten Spieleinsatz einzusetzen. Dies war etwa in der im Jahr 2013 von der TSG Hoffenheim für einige „aussortierte“ Profis um Tim Wiese extra geschaffene „Trainingsgruppe 2“ nicht gewährleistet, da die Gruppe schlichtweg zu klein für Testspiele unter Profibedingungen war. In solchen Fällen sollten Spieler also nicht davor scheuen, ihren Beschäftigungsanspruch gegenüber dem Verein durchzusetzen.

Vertragsstrafen

Häufig liest man, dass Vereine gegen ihre Spieler wegen begangener Verfehlungen Vertragsstrafen in Gestalt von Geldzahlungen verhängen. Obwohl diese Praxis im Profifußball also zum ganz normalen Ablauf zu gehören scheint, stellt sich die Frage, ob solche Vertragsstrafen überhaupt rechtswirksam sind oder vom Spieler erfolgreich verweigert werden können.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Vereinbarung von Vertragsstrafen in Arbeitsverträgen grundsätzlich zulässig ist, da sie dem Arbeitgeber, also dem Verein, helfen, seine Interessen zu sichern, und den Arbeitnehmer, als den Spieler, zur Vertragstreue anhalten. Die entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag darf jedoch nicht zu unbestimmt oder unverständlich formuliert sein. Eine Vertragsstrafenregelung, die nicht auf ganz konkrete Pflichten des Spielers Bezug nimmt, genügt also nicht. Außerdem muss dem Verein durch das Fehlverhalten des Spielers ein nicht unerheblicher Schaden drohen. Dies ist insbesondere bei Verfehlungen, die im privaten Bereich begangen werden, nicht ohne weiteres der Fall. Letztlich muss die Höhe der Vertragsstrafe angemessen sein, wobei von einem Monatsgehalt als Richtwert auszugehen ist.


Sollte auch nur einer dieser Punkte nicht gegeben sein, kann sich ein Spieler mit Erfolg gegen eine verhängte Vertragsstrafe zur Wehr setzen. Es kann sich also durchaus lohnen, einem arbeitsrechtlich versierten Rechtsanwalt den jeweiligen Sachverhalt zu schildern, damit dieser die Interessen des Spielers gegenüber dessen Verein vertritt. Selbstverständlich stehen wir Ihnen als Dr. Granzin Rechtsanwälte hierfür zur Verfügung, alle unsere Arbeitsrechtler sind Fachanwälte für Arbeitsrecht und damit Ihr Ansprechpartner.

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