Illegale Autorennen – Härtere Strafen für Raser?

Jahr für Jahr kommen in Deutschland Menschen im Straßenverkehr ums Leben, etwa 3000 Menschen starben allein im vergangenen Jahr, rund 400.000 wurden verletzt. Zwar sanken die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr, doch das Thema der Gefährlichkeit des Straßenverkehrs ist damit dennoch längst nicht vom Tisch. Ein Grund dafür sind unter anderem eine ganze Reihe von spektakulären Fällen illegaler Autorennen, bei denen Menschen schwer verletzt wurden oder teilweise sogar zu Tode gekommen sind. Die mit den jeweiligen Fällen befassten Gerichte haben höchst unterschiedliche Urteile gefällt, das Landgericht (LG) Berlin fällte sogar das bundesweit erste Mordurteil in einem Raser-Fall. Das allerdings wurde vom Bundesgerichtshof wieder aufgehoben, sodass die beiden Täter bei erneuter Entscheidung auf mildere Strafen hoffen können. Die tragischen Fälle waren aber auch Anlass für die Schaffung eines neuen Tatbestandes, der im vergangenen Jahr vom Bundestag beschlossen wurde. Die Neuregelung gilt seit dem 24.8.2017 und belegt die Teilnahme an illegalen Autorennen mit härteren Strafen.

 

Was galt vor § 315d StGB?

 

Mit der Strafvorschrift des § 315d Strafgesetzbuch (StGB) reagierte der Gesetzgeber auf die Forderungen nach härtere Strafen für die Verursacher von Unfällen im Zusammenhang mit Autorennen in der sogenannten Raser-Szene.

 

Bis zur Einführung des neuen Tatbestandes wurde die Teilnahme an illegalen Straßenrennen als Ordnungswidrigkeit gewertet – jedenfalls dann, wenn nichts weiter passierte und niemand zu Schaden gekommen war. § 29 der Straßenverkehrsordnung (StVO) bestimmte: Rennen mit Kraftfahrzeugen sind verboten. Der Verstoß gegen diese Vorschrift war gemäß § 49 StVO als Ordnungswidrigkeit zu werten, die im Regelfall mit einer Geldbuße in Höhe von 400 Euro und einem Fahrverbot von einem Monat belegt werden konnte.

 

Immer wieder kam es in der Vergangenheit aber durch spontane Beschleunigungsrennen nach einem Ampelstopp zu schweren Unfällen. Bei Personenschäden infolge solcher Unfälle war vor der Neuregelung des 315d StGB eine Bestrafung wegen fahrlässiger Körperverletzung nach § 229 oder wegen fahrlässiger Tötung gemäß § 222 StGB möglich. Die Gerichte urteilten in derartigen Fällen aber bisher eher milde, was häufig für Empörung sorgte. Immer wieder wurden daher in der Vergangenheit Stimmen laut, die härtere Strafen für diejenigen forderten, die durch die Befriedigung ihres Geschwindigkeitsrausches eine massive Gefahr für andere Straßenverkehrsteilnehmer schaffen. Das Gefährdungspotential illegaler Autorennen sollte sich daher in der Heraufstufung von einer Ordnungswidrigkeit zur Straftat widerspiegeln. Vor diesem Hintergrund legte der Bundesrat dann im vergangenen Jahr einen Gesetzesentwurf vor, dem der Bundestag unmittelbar zustimmte.

 

[caption id="attachment_3491" align="aligncenter" width="1000"] ambrozinio / shutterstock[/caption]

 

Neuer § 315 d StGB regelt Straßenrennen

 

Nach dem damals verabschiedeten Gesetz können Teilnehmer an illegalen Autorennen nun mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden – und zwar auch dann, wenn durch das Rennen niemand zu Schaden kommt. Gemäß der Vorschrift des § 315d StGB werden die einzelnen Straftatbestände nach der Intensität der Begehung sowie der Schwere der Folgen abgestuft:

  • Gemäß § 315 d Abs. 1 StGB wird die Ausrichtung oder Durchführung eines illegalen Rennens oder die Teilnahme als Kraftfahrzeugführer mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe geahndet
  • Der Versuch ist strafbar, § 315 d Abs. 3 StGB.
  • Gemäß § 315 d Abs. 2 StGB beträgt die angedrohte Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahre, wenn Rennteilnehmer Leib und Leben eines Menschen oder Sachen von bedeutendem Wert gefährden; die Gefährdung als solche muss konkret sein, d.h. sie muss sich zu einer realen Gefahr verdichtet haben, bei der der Eintritt oder Nichteintritt eines Schadens nur noch vom Zufall abhängt Freiheitsstrafen von bis zu 10 Jahren für besonders schwere Fälle

Kommt bei einem Straßenrennen ein Mensch zu Tode oder wird schwer verletzt, wird die Tat als Verbrechen gewertet. In diesen Fällen kann eine Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren verhängt werden.

  • Bei fahrlässiger Verursachung der Gefahr, wird die Tat gemäß § 315 d Abs. 4 StGB mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft
  • verursacht der Täter den Tod oder eine schwere Gesundheitsbeschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsbeschädigung einer großen Zahl von Menschen, so lautet die Freiheitsstrafe gemäß § 315 d Abs. 5 StGB von einem Jahr bis zu zehn Jahren
  • In allen Fällen kann dem Täter gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 1 StGB die Fahrerlaubnis entzogen werden. Außerdem droht den Rasern der Verlust ihres Kraftfahrzeugs, denn gemäß § 315f StGB können Fahrzeuge als Tatobjekt eingezogen werden. Unter Strafe gestellt wird zukünftig auch der Versuch der Organisation bzw. der Verabredung von Autorennen. In der Vergangenheit geschah dies häufig durch Aufrufe, beispielsweise im Internet. „Einzelraser“ sind ein Problem

Besondere Schwierigkeiten im Zusammenhang mit gefährlichen Straßenrennen, bereiten die sogenannten „Einzelraser“. Unter diesem Begriff werden diejenigen Fälle zusammengefasst, in denen ein einzelner extrem riskant und unter massiver Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit fährt, um eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erreichen. Die Teilnahme an einem Rennen kann dabei nicht ohne Weiteres nachgewiesen werden, weil es etwa schon an einem Renngegner fehlt. Auch Einzelraser sollen künftig aber mit Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren belegt werden können.

 

Im konkreten Fall dürfte sich ihre Bestrafung allerdings schwierig gestalten, denn dem betroffenen Fahrer müsste „Raserabsicht“ nachgewiesen werden können. Ziel des Täters muss es sein, „eine höchstmögliche Geschwindigkeit“ zu erreichen. Dieses Merkmal ist von hoher praktischer Bedeutung, denn es entscheidet über die Abgrenzung zwischen strafbarem und weiterhin straflosem Verhalten. Denn bloße Geschwindigkeitsübertretungen ohne das subjektive Merkmal der Raserabsicht sollen vom Tatbestand des § 315d StGB nicht erfasst werden – und zwar auch dann nicht, wenn sie erheblich sind. Der Nachweis der Raserabsicht könnte im Einzelfall allerdings ausgesprochen schwierig sein. Schließlich lässt sich die Behauptung, man sei bewusst nicht so schnell gefahren wie möglich und habe dies auch nicht beabsichtigt, wohl nur selten widerlegen.

 

[caption id="attachment_3492" align="aligncenter" width="1000"] sraphotohut / shutterstock[/caption]

 

Rasen wird auch zukünftig eine Gefahr bleiben

 

Es ist davon auszugehen, dass auch mit erhöhten Strafdrohungen illegale Autorennen weiterhin zur Realität im deutschen Straßenverkehr gehören werden. Die ganz normalen Alltagsraser, die erhebliche Unfallrisiken verursachen, sollten daher gegenüber wenigen spektakulären Unfällen im Zusammenhang mit illegalen Straßenrennen nicht ins Hintertreffen geraten.

 

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