Auch in der Justizvollzugsanstalt gibt es Geschenke zu Weihnachten – zumindest für manche. Denn für einen kleinen Teil der Gefangenen wird die sog. „Weihnachtsamnestie“ Wirklichkeit. Bei Häftlingen deren reguläres Haftende in die letzten Wochen des Jahres fällt, wird hierbei im Einzelfall geprüft, ob sie schon vor dem Weihnachtsfest entlassen werden können. Ausgenommen von dieser Möglichkeit sind Täter von schweren Gewalt- oder Sexualdelikten oder solche, die sich während der Haft nicht einwandfrei verhalten haben. Hintergrund dieser Option ist jedoch nicht nur weihnachtliche Güte und Versöhnlichkeit, sondern auch Motive rein praktischer Natur. So steht zwischen den Feiertagen meist weniger Personal zur Verfügung bzw. es wird besonders viel um Urlaubstage gestritten. Auch für die Inhaftierten macht es indes Sinn, frühzeitig vor dem Fest entlassen zu werden, um im Sinne einer bestmöglichen Resozialisierung den „Behördenmarathon“ zu bewerkstelligen, was angesichts der vielen Feiertage und urlaubsbedingten Abwesenheiten der in der Verwaltung Beschäftigten zwischen Weihnachten und Neujahr oft nur schwerlich zu meistern ist. Auch mit der Wohnungs- und Jobsuche stehen die Chancen um die Feiertage naturgemäß weniger gut, zudem birgt diese Praxis finanzielle Vorteile für die Allgemeinheit, zumal ein Häftling pro Tag den Steuerzahler etwa 130 Euro kostet.
So werden bundesweit ab Mitte November jährlich im Schnitt ca. 900 Verurteilte vorzeitig entlassen, teils nur einige Tage früher, teils sogar einige Wochen. In Baden-Württemberg werden mit mehreren Hundert besonders viele zum Fest in die Freiheit entlassen, in Nordrhein-Westfalen sind es mit einem von 20 Häftlingen prozentual die meisten. In Bayern und Sachsen wird komplett auf diesen in den anderen Bundesländern spätestens in den achtziger Jahren eingeführten „Brauch“ verzichtet. Eine Ungleichbehandlung von Gefangenen abhängig von dem zufälligen Zeitpunkt ihres Haftendes sei willkürlich und mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar.
Der Begriff der Weihnachtsamnestie ist hierbei genauer betrachtet dogmatisch nicht ganz korrekt, denn anders als bei einer normalen Amnestie gilt die Gnade nicht pauschal für alle, sondern wird in jedem Einzelfall individuell geprüft, sodass es sich streng genommen um einen „Gnadenerweis“ handelt.
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