Führungszeugnis - Was steht drin und ab wann gilt man als vorbestraft?

Ob für eine Bewerbung oder ein Visum, wenn ein Führungszeugnis gefragt ist, wird es persönlich. Ein Führungszeugnis zu beantragen ist zwar an sich nur eine kleine Formalität, aber viele Menschen verspüren dabei ein gewisses Unbehagen. Im heutigen Beitrag wollen wir daher einen kurzen Blick auf die Systematik hinter der Erfassung und Speicherung unserer persönlichen und rechtlich relevanten Daten werfen.Was genau muss man sich unter dem Bundeszentralregister vorstellen und wie funktioniert das eigentlich mit dem  Führungszeugnis? Was wird dort eingetragen und ab wann gilt man als vorbestraft? Diese und weitere Fragen soll der heutige Beitrag beantworten.

Was ist das Bundeszentralregister?

Beim Bundeszentralregister handelt es sich um ein zentrales amtliches Register, das gemäß §1 Bundeszentralregistergesetz (BZRG) durch das Bundesamt für Justiz geführt wird. In das Bundeszentralregister, das übrigens seinen Sitz in Bonn hat, werden Vorstrafen und weitere relevante Eintragungen aufgenommen. Dazu gehören etwa Vermerke über die Schuldfähigkeit oder eventuelle Strafzurückstellungen bei Straftaten aufgrund von Betäubungsmittelabhängigkeit.

Aus diesem Register können Eintragungen über Strafurteile nach Ablauf der entsprechenden Frist getilgt, also wieder vollständig entfernt werden. Sowohl der Bundeszentralregisterauszug als auch das Führungszeugnis können hier angefordert werden. Der BZR-Auszug ist dabei umfassender als das Führungszeugnis und die Einträge bleiben länger gespeichert. Anders als es der häufig gebrauchte Ausdruck „polizeiliches Führungszeugnis“ vermuten lässt, hat die Polizei mit diesem Vorgang nichts zu tun.

Außer der jeweils betroffenen Person erhält aber nicht jeder Auskunft aus dem Bundeszentralregister, sondern nur die in § 41 BZRG aufgeführten Stellen dürfen einen uneingeschränkten Auszug verlangen. Dazu gehören natürlich vor allem die Gerichte und Staatsanwaltschaften.

Welche Arten von Führungszeugnis gibt es und wo ist der Unterschied?

Man unterscheidet zwischen drei Arten von Führungszeugnis. Es gibt das private, das erweiterte und das behördliche Führungszeugnis.

Privates Führungszeugnis

Das private Führungszeugnis wird oft auch als einfaches Führungszeugnis bezeichnet und genügt zur Vorlage bei einem privaten Arbeitgeber. Die Beantragung eines einfachen Führungszeugnisses kann entweder online oder gegen Vorlage des Personalausweises und Zahlung von 13 Euro bei der örtlichen Meldebehörde erfolgen. Der Antragsteller erhält dann das Führungszeugnis und kann selbst darüber entscheiden, ob er es an einen potentiellen Arbeitgeber weitergeben möchte oder nicht.

Wissenswert ist, dass eine einmalige Verurteilung zu einer Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen oder eine Freiheitsstrafe bis zu 3 Monaten im Führungszeugnis nicht erwähnt wird. Kommt jedoch eine weitere Eintragung in das BZR hinzu, so werden künftig beide Verurteilungen im Führungszeugnis aufgeführt, auch wenn sie jeweils noch unter der Tagessatz- bzw. Freiheitsstrafengrenze liegen.

Erweitertes Führungszeugnis

Mit dem am 1. Mai 2010 in Kraft getretenen 5. Gesetz zur Änderung des BZRG ist das sogenannte „erweitertes Führungszeugnis“ eingeführt worden. Das erweiterte Führungszeugnis erteilt Auskunft über Personen, die beruflich, ehrenamtlich oder in sonstiger Weise kinder- oder jugendnah tätig sind oder tätig werden sollen.

Es enthält im Gegensatz zum einfachen Führungszeugnis zusätzlich auch Verurteilungen wegen Sexualdelikten, die für die Aufnahme in das einfache Führungszeugnis zu geringfügig sind.

Behörden können das erweiterte Führungszeugnis „zum Zwecke des Schutzes Minderjähriger“ beantragen und erhalten, etwa wenn die Aufforderung an den Betroffenen zur Vorlage nicht sachgemäß ist oder aber erfolglos bleibt.

Behördliches Führungszeugnis

Auskunft aus dem Bundeszentralregister in Form des behördlichen Führungszeugnisses erhalten, wie es der Name bereits vermuten lässt, ausschließlich Behörden. In dieses Führungszeugnis werden alle Verurteilungen aufgenommen, insbesondere diejenigen wegen Straftaten, die im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes oder wirtschaftlichen Unternehmung stehen. Dies gilt auch dann, wenn die Verurteilung unterhalb der Tagessatz – bzw. Freiheitsstrafengrenze liegen.

Für Bewerbungen bei einem öffentlichen Arbeitgeber wird auf Antrag der betroffenen Person das behördliche Führungszeugnis direkt an die Einstellungsbehörde übersandt.

Auf dessen Verlangen hin, hat die Behörde dem Bewerber jedoch Einsicht in das Führungszeugnis zu gewähren.

Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, das behördliche Führungszeugnis stattdessen an das nächstgelegene Amtsgericht zu übersenden, wo geprüft werden kann, ob Einträge vorhanden sind und ob das Zeugnis an die Einstellungsbehörde weitergeleitet werden soll.

Wann werden die Einträge wieder gelöscht?

Für die Löschung der Einträge trifft das BZRG jeweils zwei verschiedene Regelungen. Die eine betrifft die Löschung von Einträgen im Führungszeugnis, die andere bezieht sich auf den Bundeszentralregisterauszug als solchen.  Die Löschungsfristen für das Führungszeugnis sind dabei erheblich kürzer als die Tilgungsfristen im Bundeszentralregister. Sobald die Einträge tilgungsreif geworden sind, werden sie nicht mehr mitgeteilt und, sofern im Überliegejahr keine neue Eintragung hinzukommt, schließlich gelöscht.

Für das Führungszeugnis gelten gemäß § 34 BZRG die folgenden Löschungsfristen:

Löschung nach 3 Jahren:

  • Verurteilungen wegen Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von nicht mehr als drei Monaten
  • Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr bei Strafaussetzung zur Bewährung (wenn die Bewährung nicht widerrufen und keine weiteren Einträge vorhanden sind)
  • Jugendstrafe bis zu einem Jahr
  • Jugendstrafe bis 2 Jahre bei Strafaussetzung zur Bewährung

Löschung nach 5 Jahren:

  • bei Freiheitsstrafen über einem Jahr oder Jugendstrafe über 2 Jahre ohne Aussetzung zur Bewährung

Ausgenommen sind davon diejenigen Fälle, die erst nach Ablauf von 10 Jahren zuzüglich der Dauer der verhängten Freiheitsstrafe gelöscht werden können, nämlich:

  • Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe von mehr als einem Jahr bei Verurteilung wegen bestimmter Sexualdelikte

Liegen mehrere Eintragungen vor, so ist grundsätzlich zu beachten, dass alle Eintragungen erst mit Ablauf der letzten tilgungsreifen Verurteilung gelöscht werden können. So führt im Prinzip jeder Neueintrag dazu, dass auch die alten Einträge im Führungszeugnis erscheinen, bis der neue Eintrag gelöscht wird.

Ab wann ist man vorbestraft?

Als vorbestraft im juristischen Sinne gilt man, wenn durch ein Strafgericht rechtskräftig eine Strafe in einem Straf- oder Strafbefehlsverfahren ausgesprochen wurde. Auch bei einmaliger Verurteilung zu einer Geldstrafe oder bis zu drei Monaten Freiheitsstrafe ist man also dem Grunde nach vorbestraft. Dies gilt auch dann, wenn man sich weiterhin als „nicht vorbestraft“ bezeichnen darf, weil die Strafe nicht im Führungszeugnis auftaucht – diesen kleinen, aber feinen Unterschied sollte man stets im Hinterkopf behalten.

Unter Umständen können also schon zwei kleinere Straftaten problematisch werden, etwa wenn ein zukünftiger Arbeitgeber ein „sauberes“ Führungszeugnis verlangt. Schon deshalb kann im Einzelfall eine Einstellung mit Auflagen anstelle einer Verurteilung oder eines Strafbefehls sinnvoll sein. Denn eine Einstellung mit Auflagen nach § 153a StPO wird nicht in das Führungszeugnis eingetragen. Die Einlegung eines taktischen Rechtsmittels kann also möglicherweise geboten sein, um weiteren Ärger zu vermeiden. Eine solche Lösung sollte man etwa dann anstreben, wenn bei einem Eintrag in das Führungszeugnis negative berufliche Konsequenzen drohen. Auch aus diesem Grund empfiehlt sich eine kompetente anwaltliche Beratung – bei rechtlichen Fragen rund um das Thema Führungszeugnis steht unsere Kanzlei, Dr. Granzin Rechtsanwälte, ihnen gerne zur Seite.

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