Arbeitsrecht im Profifußball - Befristungen sind zulässig

Mit einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) steht es nun fest: Profifußballer haben keinen Anspruch auf unbefristete Beschäftigung. Damit endet ein seit 2014 schwelender Rechtsstreit – und dem deutschen Profifußball bleiben radikale Umwälzungen erspart. Das sah nach einem ersten Urteil des Arbeitsgerichts Mainz zumindest zeitweilig anders aus und sorgte in Bundesligakreisen bereits für große Panik. Wir beleuchten im Folgenden die Entscheidung und ihre Auswirkungen.

 

Was ist der Hintergrund?

 

Aufhänger der Auseinandersetzung war die Klage von Heinz Müller, seines Zeichens ehemaliger Torwart des FSV Mainz 05. Immerhin schon seit 2009 spielte Müller für den Verein in der 1. Bundesliga. Sein befristeter Arbeitsvertrag wurde am 07.07.2012 verlängert und sollte nunmehr am 30.06.2014 enden, wobei es allerdings eine Option auf weitere Verlängerung gab. Zu dieser sollte es jedoch nicht mehr kommen: Die Verlängerungsoption sollte nur dann greifen, wenn Müller in der Saison 2013/14 mindestens 23 Einsätze in den Ligaspielen erreichte. Aufgrund einer Verletzung musste er jedoch schon am 11. Spieltag ausgewechselt werden und kehrte danach nicht mehr in die Mannschaft zurück. Nachdem der Verein deshalb die Verlängerung ablehnte, klagte Müller vor dem Arbeitsgericht Mainz auf Entfristung seines Arbeitsverhältnisses.

 

Auch Profi-Fußballer sind Arbeitnehmer

 

Zwar verdienen Fußballspieler teils astronomische Summen. Nichtsdestotrotz sind sie als Arbeitnehmer zu qualifizieren und unterliegen damit auch sämtlichen arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften. Zu diesen zählt auch das Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG). Danach ist eine Befristung von Arbeitsverhältnissen grundsätzlich nur bis zu einer Höchstdauer von zwei Jahren zulässig – darüber hinaus gehende Befristungen bedürfen nach § 14 TzBfG eines sachlichen Grundes. Ein solcher Grund lag nach Ansicht des ArbG Mainz jedoch nicht vor, weshalb es die Befristung als unwirksam erachtete. Insbesondere sei die Befristung auch nicht wegen der Eigenart der Arbeitsleistung gerechtfertigt, so das Gericht.

 

[caption id="attachment_3394" align="aligncenter" width="1000"] PhuShutter / shutterstock[/caption]

 

LAG gegen Arbeitsgericht Mainz

 

Dieses überraschende Urteil hob das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz allerdings in der Berufungsinstanz auf. Es hielt die Befristung aufgrund der Eigenart der Arbeitsleistung für wirksam und fand für diese Ansicht zahlreiche Argumente. Zwar könne das Merkmal der Eigenart der Arbeitsleistung nicht zu weit ausgelegt werden, da jede Arbeitsleistung Besonderheiten aufweise. Das Rechtsverhältnis zwischen einem Verein der Fußball-Bundesliga und einem Lizenzspieler sei aber derart von Besonderheiten gekennzeichnet, dass der Verein ein berechtigtes Interesse daran habe, mit seinen Spielern lediglich befristete Arbeitsverträge abzuschließen.

 

Im Profifußball besteht nämlich nach Auffassung des Gerichts ein außergewöhnlich hohes Maß an Unsicherheit darüber, wie lange ein Spieler erfolgreich eingesetzt werden kann. Zum einen herrsche ein hohes Verletzungsrisiko und zum anderen stelle das Spielsystem die Vereine häufig vor die Notwendigkeit, innerhalb einer Mannschaft personelle Veränderungen vorzunehmen, um das Leistungsniveau zu erhalten oder zu verbessern.

 

Zudem habe der Verein auch ein berechtigtes Interesse an einer konkurrenzfähigen Altersstruktur und das Publikum ein Bedürfnis nach regelmäßiger Abwechslung. Auch habe der jeweilige Spieler ein Eigeninteresse am Erhalt seiner Freizügigkeit im Hinblick auf mögliche Wechsel zu anderen Vereinen.

Nicht zuletzt hatte das Gericht berücksichtigt, dass im Profifußball typischerweise außergewöhnlich hohe Vergütungen gezahlt werden.

 

Durchschnittlich 1,5 Millionen € fließen in der 1. Bundesliga pro Jahr auf die Konten der Spieler. Bei solchen Summen sollte es zumutbar sein, selbst für die Zeit nach dem Karriereende vorzusorgen. Zwar sieht das deutsche Arbeitsrecht keine Sonderregelungen für Gutverdiener vor – von schwachen, und damit sozial schutzbedürftigen Arbeitnehmern kann in diesem Zusammenhang wohl trotzdem nur schwerlich die Rede sein.

 

[caption id="attachment_3396" align="aligncenter" width="1000"] Csaba Peterdi / shutterstock[/caption]

 

Entscheidung in der Nachspielzeit

 

Das Bundesarbeitsgericht bestätigte nun kürzlich, dass befristete Arbeitsverträge im Profifußball zulässig sind – und schickte damit den Mainzer Torwart gewissermaßen endgültig in Rente. Die Befristung von Arbeitsverträgen mit Lizenzspielern der 1. Bundesliga sei regelmäßig wegen der Eigenart des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt, so das Gericht. Denn im Spitzenfußball werden von den Spielern sportliche Höchstleistungen erwartet, die diese schon aufgrund der damit verbundenen körperlichen Belastungen nur für begrenzte Zeit auch tatsächlich erbringen können.

 

Der Verein habe außerdem ein berechtigtes Interesse daran, konkurrenzfähig bleiben zu können. Dieses Argument leuchtet ein: Die Kommerzialisierung des Fußballs hat dafür gesorgt, dass alternde Profis immer schneller durch vielversprechende junge Talente ersetzt werden – auch das Publikum ist an diese schnellen Wechsel gewöhnt. Die Idee einer Festanstellung in die Jahre gekommener Fußballspieler lässt sich mit diesem Vorgehen nur schlecht vereinbaren und wäre für den Großteil der Vereine auch schlichtweg nicht erschwinglich. Beim Bestehen unbefristeter Verträge wäre es einem Verein regelmäßig nicht möglich, sich im Wege der ordentlichen Kündigung von einem Spieler zu trennen, der nicht mehr erfolgversprechend im Spielbetrieb eingesetzt werden kann.

 

Stellvertretend für viele andere Vereine geht der FSV Mainz 05 also letzten Endes als Sieger vom Platz. Die durch das erstinstanzliche begründete Gefahr von „Rentenverträgen“ ist damit zumindest in der 1. Bundesliga gebannt. Insofern hat die Entscheidung des BAG für Erleichterung in der Fußballwelt gesorgt – eine gegenteiliger Ausgang des Verfahrens hätte das derzeitige Spielertransfersystem stark eingeschränkt und damit die wirtschaftliche Grundlage einer ganzen Reihe von Bundesligavereinen ins Wanken gebracht.

 

Ist die Entscheidung auf andere Sportarten übertragbar?

 

Während in der 1. Bundesliga nun ausreichend Rechtssicherheit herrscht, bleibt vorerst unklar, ob die Entscheidung auch auf unterklassige Ligen oder sogar auf andere Sportarten übertragbar ist. Ebenfalls offen bleibt bis zur Veröffentlichung der Entscheidungsgründe, ob eine Einschränkung der Befristungsmöglichkeit denkbar ist, denn: Nach den Pressemitteilungen ist eine Befristung lediglich „regelmäßig“ nach § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG gerechtfertigt. Zumindest bis auf Weiteres kann die Fußball-Show aber jedenfalls ungestört weitergehen.

 

Schauspieler und Fußballer teilen das gleiche Schicksal

 

Schon im letzten Jahr hatte das BAG ähnlich zur Befristung von Schauspielern geurteilt. Zwei Darsteller, die jahrelang in der ZDF-Serie „Der Alte“ auf Verbrecherjagd gingen, wollten gerichtlich ihr weiteres Erscheinen in der Serie erzwingen, nachdem die Produktionsgesellschaft sie in den Ruhestand schicken wollte. Vergeblich: Das BAG lehnte dies wegen der Eigenart der Arbeitsleistung ab. Hinzu kam noch die im Grundgesetz verankerte Kunst- und Rundfunkfreiheit. Ein Fernsehformat müsse sich weiterentwickeln können, auch wenn dies bedeute, dass bestimmte Rollen wegfallen – so das Gericht.

 

Sollten Sie rund um das Thema befristete Arbeitsverträge arbeitsrechtliche Beratung benötigen, stehen wir – Dr. Granzin Rechtsanwälte – ihnen gerne fachkundig mit unserer langjährigen Erfahrung auf diesem Gebiet zur Seite.

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