Zunehmend beliebt und dennoch bei vielen immer noch verpönt: 15 Prozent der Bundesbürger tragen irgendwo am Körper ein Tattoo. Besonders beliebt sind die Tintenmotive von kitschigen Rosen über gewöhnungsbedürftige Tribals bis hin zu kuriosen Tiernamen bei den 25 bis 44-Jährigen. Unter der 25 bis 35 Jahre alten Bevölkerung hat sogar jeder vierte eins. Diverse Medien berichteten kürzlich über einen Architekten, der sich aus lauter Heimatgefühl gar den Grundriss des Klosters Eberbach auf den Armstechen ließ. Doch wann kann es rechtliche Probleme geben? Am Arbeitsplatz wie auch in der Freizeit gibt es hier einige Regeln zu beachten.
Tätowierungen sind als salonfähiger Körperschmuck in allen Gesellschaftsschichten angekommen und gelten nicht mehr als Ausdruck einer gesellschaftlichen Haltung oder Einstellung. So findet man die Tintenstechereien heutzutage auch unter den Ärmeln von Investmentbankern, Ärzten und Unternehmensberatern. Arbeitgeber können sich jedoch je nach Branche freilich an im Alltag sichtbaren Tattoos etwa am Hals oder den Händen stören. Aber auch großflächige Motive auf dem Unterarm können einem unter Umständen die Karriere verbauen. So bestätigte das Oberverwaltungsgericht Münster eine Entscheidung des Landes Nordrhein-Westfalen, das einen Bewerber wegen großflächig tätowierter Namen seiner Töchter auf den Unterarmen die Aufnahme in den Polizeivollzugsdienst versagte. Der Dienstherr sei berechtigt das äußere Erscheinungsbild der uniformierten Polizisten im Alltag zu bestimmen, sodass auch der Einwand des Bewerbers ganzjährig lange Ärmel zu tragen, nicht fruchtete. Seine persönlichen Neigungen kann man dennoch in kleinerer Form oder auf bekleideten Körperteilen in verhältnismäßiger Weise ausleben. So hat das Verwaltungsgericht Berlin einer 31-jährigen Frau Recht gegeben, die gegen die Tattoo-bedingte Ablehnung ihrer Bewerbung zur Ausbildung als Justizhauptwachtmeisterin vorging. Die vollflächige Tätowierung eines heulenden Wolfes am inneren rechten Unterarm in Nähe des Handgelenks rechtfertige ihrer Gestaltung nach nicht die Besorgnis, der Antragstellerin könne bei der Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit nicht das erforderliche Vertrauen bzw. der erforderliche Respekt entgegengebracht werden. Die Tätowierung sei klein und der Wolf werde nicht als aggressives oder gefährliches Tier dargestellt. Der Wolf gelte darüber hinaus nicht als Symbol der rechtsextremen Szene.
Vor dem Stechen von provokanten Tattoos, sollte man prüfen ob es verboten sein könnte. Quelle: marina leonidovna / Shutterstock.com
Bei verfassungsfeindlichen Motiven der Tattoos drohen Strafen
Auch abseits der Arbeit kann die Körperbemalung einem Ärger einhandeln. Denn auch das Strafgesetzbuch kann dem Tattooliebhaber in die Quere kommen. Verfassungsfeindliche Symbole oder Anspielungen stehen unter Strafe, sofern man sie in der Öffentlichkeit sichtbar trägt. Gemäß § 86 a StGB ist die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen strafbar. Daher kann die Zurschaustellung von Hakenkreuzen, Totenköpfen mit gekreuzten Knochen als Zeichen der Waffen-SS, Zeichen der SA oder Siegrunen in der Öffentlichkeit eine Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe nach sich ziehen. Außerdem ist es strafbar, Symbole verbotener Vereinigungen aus dem neonazistischen Lager zu veröffentlichen, also etwa solche des Netzwerks „Blood and Honour“ oder der „Wehrsportgruppe Hoffmann„. Auch das öffentliche Zeigen von Abwandlungen dieser Zeichen ist verboten. Sogar der Straftatbestand der Volksverhetzung nach § 130 StGB kommt in Extremfällen in Betracht, der einen Strafrahmen von 3 Monaten bis hin zu 5 Jahren Haft vorsieht.
Meist spielen sich die juristisch relevanten Fälle im Spektrum des Rechtsextremismus ab. Bekannt geworden war letztes Jahr der Fall eines 27-jährigen NPD-Politikers, der in einem Brandenburger Schwimmbad ein Rückentattoo mit den Umrissen des Konzentrationslagers Ausschwitz sowie den Worten „Jedem das Seine“ in Frakturschrift präsentierte. Dieser Spruch prangerte bekanntlich am Haupttor des KZ Buchenwald bei Weimar. Das Amtsgericht Oranienburg verurteilte ihn zu sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung. 2010 musste ein 19-jähriger sogar für eineinhalb Jahre hinter Gitter, nachdem das Amtsgericht Bochum ihn wegen des Tragens eines Hakenkreuzes sowie einer „Doppel-Siegrune“ auf dem Unterarm während eines Stadtspaziergangs verurteilte.
Linke Symbolik wie etwa ein RAF-Logo hat indes keine strafrechtlichen Konsequenzen, da es nicht als eindeutig verfassungsfeindlich eingestuft wird. Auch das berüchtigte „All Cops are Bastards“-Kürzel A.C.A.B. ist grundsätzlich nicht verboten, kann jedoch als Beamtenbeleidigung verfolgt werden, wenn man eine solche Tätowierung Polizisten entgegenstreckt.
Jedoch können auch Tattoos von nachträglich als verfassungsfeindlich eingestuften Organisationen eine Strafe nach sich ziehen.
Verbotene Tattoos sind zu verdecken
Grundsätzlich ist es nicht strafbar, ein verbotenes verfassungsfeindliches Motiv auf dem Körper verewigen zu lassen, solange es von der Kleidung überdeckt bleibt. Dies ist Ausdruck des Grundrechts des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. An kleidungsfreien Stellen wie etwa Gesicht, Hals oder Händen erfüllt zum Beispiel ein Pflaster oder Klebestreifen diesen Zweck des Verbergens. Ähnliches gilt übrigens auch für eine Hakenkreuzfahne in der Wohnung, strafbar wird diese erst im Fenster oder auf dem Balkon, da sie dann für die Öffentlichkeit wahrnehmbar ist, was wiederum auch für den nackten grenzwertig tätowierten Oberkörper auf dem Balkon gilt.
Zur Entfernung der fragwürdigen Körperbemalung kann man gerichtlich im Übrigen nicht verpflichtet werden, dies würde eine Verletzung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs.2 GG darstellen. Wer aber wieder gänzlich sorgenfrei ins Freibad möchte, muss sich das Missgeschick lasern oder übermalen lassen.
Der Tätowierer macht sich durch das Stechen indes nicht strafbar, sofern er an einer intimen bzw. üblicherweise bekleideten Körperstelle tätowiert oder sich vom Kunden zusichern lässt, dass er das Tattoo in der Öffentlichkeit verbirgt. Auch wenn der Kunde sich hieran nicht halten sollte, ist eine strafrechtliche Belangung des Tätowierers äußerst unwahrscheinlich.
Wer in der Öffentlichkeit Zeuge eines solchen tätowierten Schandflecks wird, kann eine Anzeige bei der Polizei erstatten, eine entsprechende Anzeigepflicht gibt es aber nicht.
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